Rheumatologie in Ost und West
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging auch die Rheumatologie in Deutschland getrennte Wege: Auf dem Deutschen Bädertag in Bad Neuenahr vom 9. bis 12. Oktober 1949 konstituierte sich in der Bundesrepublik Deutschland die „Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie“ (DGRh). In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) rief der Chirurg Hans Tichy 1948 in Dresden-Klotzsche ein Rheumainstitut ins Leben, das später als „Zentralstelle für Rheumabekämpfung“ den Aufbau der Rheumadispensaires* in den Kreisen leitete. Die Gründung der „Gesellschaft für Rheumatologie der DDR“ erfolgte 1967.
Im Jahr 1970 trennten sich – zumindest formal – ost- und westdeutsche Rheumagesellschaften. Der Vorstand der ostdeutschen Rheumagesellschaft versuchte, sich gegen die von der Politik geforderten Austritte aus der westlichen Gesellschaft zu wehren - allerdings erfolglos. Auf Wunsch von Bruno Schuler, Präsident der DGRh von 1969 bis 1970, sollten aber bestehende persönliche Kontakte unter den Mitgliedern beider Gesellschaften nach Möglichkeit weiter gepflegt werden. Die Kollegen aus beiden Staaten begegneten sich auf den innerdeutschen und internationalen Kongressen – soweit sie von den ostdeutschen Kollegen besucht werden durften – stets fair und freundschaftlich. 1979 holte Klaus Miehlke, Präsident der DGRh von 1977 bis 1978, den EULAR-Kongress in die Bundesrepublik Deutschland. Mit der Ausrichtung des Europäischen Rheumakongresses in Wiesbaden war der Höhepunkt auf dem Weg zur internationalen Anerkennung der DGRh erreicht.
Die Wiedervereinigung der beiden deutschen Rheumagesellschaften erfolgte 1990 in Hannover im Rahmen der 24. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, unter Leitung des damaligen Kongress- und DGRh-Präsidenten Henning Zeidler. Die in den Jahren zuvor gesammelten Erfahrungen aus unterschiedlichen Gesundheitssystemen flossen in den seit 1991 geförderten Aufbau der Regionalen Kooperativen Rheumazentren ein und kamen auch den Beratungen in den verschiedenen Kommissionen und Arbeitskreisen der Gesellschaft zugute.
* Als Dispensaire wurde im Gesundheitswesen der DDR eine in den 1950er-Jahren aus dem sowjetischen Gesundheitswesen übernommene Methode der ambulanten Behandlung in den Polikliniken bezeichnet. Sie umfasste die frühzeitige und vollständige Erfassung aller von einer bestimmten Krankheit Bedrohten und Gefährdeten, die Frühbehandlung aller Erkrankten sowie die Nachsorge und Rehabilitation.
Quellen
Torsten Hewelt, Die Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 1927-2007. Halle, 2009
Hewelt T (2011) Die Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie 1947-2007.
Z Rheumatol (70): 64-68