Jubiläum: 90 Jahre DGRh
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) e.V. ist im Jahr 2017 90 Jahre alt geworden: am 27. Januar 1927 gründete sich die „Deutsche Sektion des Internationalen Komitees zur Erforschung und Behandlung des Rheumas“ und schon im August desselben Jahres entstand daraus die „Deutsche Gesellschaft für Rheumabekämpfung“. Heute vereint die DGRh mehr als 1.400 Mitglieder. Sie repräsentiert die rheumatologische Wissenschaft und Forschung und fördert deren Entwicklung. Im Jubiläumsjahr beleuchtet die DGRh ihre Geschichte, richtet den Blick aber auch in die Zukunft.
Ihren Ursprung nimmt die DGRh im Bäderwesen und der Balneologie – einer gerade zu Beginn des 20. Jahrhunderts schon bedeutenden Forschungsrichtung, sagt Professor Dr. med. Hanns-Martin Lorenz, Präsident der DGRh aus Heidelberg: „Dass sich daraus eine wissenschaftlich so aktive und weltweit renommierte Rheumatologie entwickeln würde, werden die Gründerväter leider nicht mehr erfahren“. Schon 1929 rief die Fachgesellschaft in Berlin eine Rheumaberatungsstelle ins Leben. Diese wies mit Flugblättern auf Fakten hin, die heute nicht minder aktuell sind: wie wichtig frühes Erkennen und Behandeln rheumatischer Erkrankungen ist. Diese Anlaufstelle war jedoch die einzige ihrer Art. „Glücklicherweise haben wir heute mit der Deutschen Rheuma-Liga einen starken Partner, der bundesweit die Belange der Patienten vertritt“, so Lorenz.
Schon zum 80-jährigen Jubiläum befasste sich Dr. med. Torsten Hewelt medizinhistorisch für die DGRh intensiv mit deren Vergangenheit, auch mit den dunklen Kapiteln. Nach 1933 erfolgte „eine Umstrukturierung im Sinne der neuen politischen Richtung“. Jüdische Ärzte mussten in der Rheumatologie aus ihren Ämtern zurücktreten. Nach dem 2. Weltkrieg erlebte die Rheumatologie hierzulande ähnlich der deutsch-deutschen Geschichte eine Phase der Teilung. „Die beiden Gesellschaften fusionierten 1990 jedoch sogar noch vor der offiziellen Vereinigung von DDR und Bundesrepublik“, so Hewelt, der darüber im Jahr 2009 in Gießen promovierte.
Seit der Wende entwickelten sich die DGRh und die Rheumatologie in Deutschland als wissenschaftlich hoch modernes Fach weiter. „Trotz der weltweit anerkannten fachlichen Errungenschaften stehen wir auch heute noch vor Problemen und Grenzen, die eine bestmögliche Versorgung unserer Patienten erschweren“, betont Professor Lorenz. Um diese sicherzustellen bedarf es mehr internistischer Rheumatologen – heute sind dies nur etwa 750 in ganz Deutschland. Zudem verfügen von 37 medizinischen Fakultäten in Deutschland nur sieben über einen rheumatologischen Lehrstuhl, mahnt Lorenz: „Die internistische Rheumatologie muss an deutschen Universitäten stärker vertreten sein und gestärkt werden – der fachliche Output unseres Faches übersteigt bei weitem dessen personelle Repräsentanz in der Wissenschaft.“
Die DGRh fördert den dringend gefragten rheumatologischen Nachwuchs auf verschiedensten Wegen. Sie kann dies jedoch nicht allein leisten, sagt Professor Lorenz: „Auch die Politik und das Gesundheitssystem müssen Strukturen schaffen, die es einem kleinen aber bedeutenden Fach wie unserem erlauben, die große Zahl der betroffenen Patienten angemessen zu versorgen.“ Dazu gehört, Leistungs- und Fallzahlbegrenzungen aufzuheben, damit sich internistische Rheumatologen schwerpunktmäßig um Patienten mit chronisch-entzündlich rheumatischen Erkrankungen kümmern können. Dies würde auch besser gelingen, wenn sie ausgewählte Leistungen an rheumatologisch geschulte medizinische Fachangestellte übertragen könnten. Auf der anderen Seite müsse die akutstationäre Versorgung sichergestellt sein, ebenso wie die rheumatologische Rehabilitation. Ein Ziel der DGRh ist zudem die Versorgung aller Patienten in Versorgungsnetzwerken.
Im Rahmen einer weiteren medizinhistorischen Doktorarbeit wird die DGRh im Jubiläumsjahr 2017 ein umfangreiches und bisher nicht digitalisiertes Privatarchiv aufarbeiten: Als Kenner der Fachgesellschaft hat Professor Dr. med. Wolfgang Keitel in Vogelsang-Gommern das Geschehen rund um die DGRh über Jahrzehnte dokumentiert. „Wir rechnen dabei mit vielen interessanten Funden und möchten auf diese Weise Interessierten unsere Geschichte noch besser zugänglich machen“, sagt Professor Lorenz. Zudem hat die DGRh bereits in den vergangenen Jahren die Biografien ihrer Präsidenten über Jahrzehnte zurückverfolgt. Im Jubiläumsjahr präsentiert sie Auszüge davon auf der Homepage der Fachgesellschaft, im Rahmen ihres Kongresses und über weitere Kanäle.