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DGRh veröffentlicht erste Leitlinie zum Morbus Still bei Erwachsenen

Annäherung an eine seltene Erkrankung

12. November 2022

Der Morbus Still bei Erwachsenen, international als adultes Still-Syndrom (AOSD) bezeichnet, zählt zu den Orphan Diseases, den seltenen Erkrankungen: Schätzungen verschiedener Industrienationen zufolge sind nur 7 bis 68 von 1 Million Menschen von der entzündlichen Erkrankung betroffen, die auf eine Fehlregulation des angeborenen Immunsystems mit einer überschießenden Entzündungsreaktion zurückgeht. Entsprechend schwierig ist es, eine genügende Anzahl von Betroffenen für ausreichend große, kontrollierte Studien zu gewinnen. Bisher sind es daher hauptsächlich kleinere Untersuchungen und Erfahrungsberichte, die Hinweise auf die optimale Behandlung des AOSD geben. Experten der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh) ist es nun dennoch gelungen, eine konsensbasierte Leitlinie zu Diagnose und Therapie des Morbus Still auf der Basis der vorliegenden Evidenz zu formulieren.

Der adulte Morbus Still ist nicht nur selten, er ist im Hinblick auf die klinische Symptomatik auch vielgestaltig. Während manche Betroffene nur eine einzelne Episode der Erkrankung durchmachen, leiden andere neben den akuten auch unter wiederkehrenden oder gar chronischen Beschwerden. Diese können sehr unterschiedlich sein

Am häufigsten macht sich das AOSD durch wiederkehrendes Fieber, Hautausschlag sowie Gelenkschmerzen und -entzündungen bemerkbar, die hauptsächlich die Knie-, Sprung- und Handgelenke betreffen.

Prof. Dr. med. Stefan Vordenbäumen, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Rheumatologie des Rheinischen Rheuma-Zentrums am St. Elisabeth-Hospital Meerbusch-Lank

Professor Dr. med. Stefan Vordenbäumen ist Erstautor der Leitlinie und federführend an der Auswertung der Studienergebnisse beteiligt. „Die Erkrankung verursacht großen Leidensdruck bei den Betroffenen und es können in seltenen Fällen lebensbedrohliche Komplikationen auftreten.“

Die zahlreichen, aber durchweg kleinen Studien zum AOSD, die für die Leitlinie ausgewertet wurden, geben unterschiedliche Häufigkeiten für die einzelnen Symptome an. „In der Gesamtschau ergibt sich jedoch eine oft charakteristische Kombination aus den führenden Symptomen wie etwa Fieber und ein bestimmter Hautausschlag, die den Weg zur Diagnose weisen“, so Professor Vordenbäumen weiter. „Typischerweise sind außerdem Entzündungswerte - insbesondere das C-reaktive-Protein - und Ferritinwerte im Blut stark erhöht. Da weder die Laborwerte für sich genommen noch die Beschwerden ausreichend für die sichere Diagnose dieser Erkrankung sind, müssen andere rheumatische Erkrankungen, Infektionen und Tumorerkrankungen immer ausgeschlossen werden.“

Auch bezüglich der medikamentösen Therapie ist die Datenlage limitiert. „Es existieren keine Studien dazu, wann und in welcher Reihenfolge entzündungshemmende oder immunsuppressive Medikamente gegeben werden sollten“, sagt Professor Dr. med. Jürgen Braun, Vorstandsmitglied der DGRh und Koordinator der Leitlinie. Die zur Verfügung stehenden Berichte – meist handelt es sich um Kohortenstudien, Fallserien und retrospektive Analysen – deuten jedoch darauf hin, dass sich das akute AOSD - wie viele andere entzündlich rheumatische Erkrankungen auch - zunächst mit Glukokortikoiden (Kortison) ausreichend kontrollieren lässt. Um Nebenwirkungen zu vermeiden, sollte die Glukokortikoiddosis jedoch bald reduziert und die Patient:innen stattdessen (oder zusätzlich) mit anderen Medikamenten – wie etwa Methotrexat und Ciclosporin A – weiter therapiert werden.

Die Leitlinie stellt die Therapieoptionen in einem Ablaufschema dar. Auch wenn es bislang keine verbindliche Einteilung der AOSD in Schweregrade gibt, kann die Krankheitsaktivität doch anhand klinischer Zeichen und Laborwerte grob abgeschätzt werden. Auch darauf geht die Leitlinie detaillierter ein. Zunehmend wichtig sind vor allem auch biologisch hergestellte Medikamente, die gegen Interleukin 1 gerichtet sind. Auch IL6-Rezeptor-Antikörper kommen zum Einsatz. Die gezielten Antikörpertherapien werden bei schweren Fällen unmittelbar oder nach Versagen anderer Therapiemöglichkeiten verordnet, erläutert Braun. Da diese zum Teil auch schon primär erfolgreich eingesetzt werden, ist zu hoffen, dass es bald auch ausreichende Evidenz für diesen Ansatz geben wird.

Aufgrund ihrer Expertise für entzündliche, autoimmun bedingte Erkrankungen sind rheumatologisch tätige Ärzte:innen die zentralen Ansprechpartner für AOSD-Betroffene. Wir sehen Diagnostik und Therapie des AOSD jedoch als eine grundsätzlich interdisziplinäre Aufgabe“, so die beiden Experten. Die frühzeitige Überweisung zur Rheumatologin bzw. zum Rheumatologen ist für den weiteren Verlauf der Erkrankung von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen einer ganzheitlichen Betreuung seien auch flankierende Therapien wie etwa eine ergänzende Schmerztherapie, physikalisch-therapeutische und rehabilitative Maßnahmen sowie die Anbindung an Selbsthilfegruppen sinnvoll. Dort bestehe die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen, und es würden hilfreiche Kurse etwa zum Selbstmanagement angeboten. Grundsätzlich erfordert das Krankheitsbild eine individualisierte zielgerichtete Betreuung durch erfahrene Fachärzte:innen in enger Kooperation mit den Hausärzte:innen.

- Bei Abdruck Beleg erbeten.-

 

Quelle:

Vordenbäumen, S., Feist, E., Rech, J. et al.: DGRh-S2e-Leitlinie. Z Rheumatol (2022). https://doi.org/10.1007/s00393-022-01276-4, Published 11 November 2022

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