Impfung gegen SARS-CoV-2 für Menschen mit rheumatischen Erkrankungen
Empfehlungen der DGRh (Update 6.04.2021)
6.04.2021
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Adhoc-Kommission COVID-19 und der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) haben sich erneut mit dem Thema „Impfung gegen SARS-CoV-2“ befasst. Folgende Überlegungen sind dazu gedacht, drängende Fragen zu diesem Thema zu beantworten, Sorgen und Ängste zu nehmen und aktualisierte Empfehlungen für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen auszusprechen.
- Mit Stand 6.04.2021 gibt es weiterhin keine Studiendaten zur Sicherheit und Effektivität der verschiedenen SARS-CoV-2-Vakzine speziell bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen bzw. bei Patienten unter immunsuppressiver/ immunmodulierender Therapie. Patienten mit bekannten oder vermuteten Störungen des Immunsystems waren von den Phase-III-Studien der Impfstoffe von BioNTech, Moderna und Astra-Zeneca/Oxford ausgeschlossen. Daher wurde bisher nur eine begrenzte Anzahl von Patienten mit Autoimmunerkrankungen geimpft. Bei inzwischen weltweit vielen Millionen Geimpften, darunter auch Patienten mit rheumatischen Erkrankungen, sind uns bisher keine Meldungen über besondere Risiken der Impfung bekannt. In einer kleinen deutschen Studie konnte bei fast allen Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen eine positive Immunantwort (gemessen an der Antikörperbildung) und eine gute Verträglichkeit von SARS-CoV-2-Impfstoffen gezeigt werden [1].
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Alle Impfstoffe gegen SARS-CoV-2, die derzeit zugelassen sind, sind keine Lebendimpfstoffe. Diese „Nicht-Lebendimpfstoffe“ sind bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und bei Patienten unter immunsuppressiver/immunmodulierender Therapie uneingeschränkt einsetzbar. Klassische Nicht-Lebendimpfstoffe (Totimpfstoffe), die sich in der Entwicklung für eine Impfung gegen SARS-CoV-2 befinden, sind Vakzine auf der Grundlage adjuvantierter Proteine. Vakzine auf der Grundlage nicht-replizierbarer Vektoren (Astra-Zeneca) und Vakzine auf der Grundlage von mRNA („mRNA-Vakzine“ wie BioNTech und Moderna) werden ebenfalls von den Lebendimpfstoffen unterschieden. Der Einsatz entspricht dem von Totimpfstoffen.
Auch „mRNA-Vakzine“ und Vektorimpfstoffe sind also keine Lebendimpfungen. Die mRNA und die in den Vektoren befindliche DNA integrieren sich zudem nicht in das menschliche Genom und es werden keinerlei Substanzen mit dem Vakzin verabreicht, aus denen der geimpfte Organismus komplette oder infektiöse Viruspartikel zusammensetzen könnte. Die Vakzine führen zur vorübergehenden Produktion von Virusproteinen, gegen die das Immunsystem protektive Antikörper produzieren kann. Somit kann der Einsatz sowohl der mRNA-Impfstoffe wie auch der Vektor-impfstoffe auch bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und unter immunsuppressiver/ immunmodulierender Therapie empfohlen werden. -
Lebendimpfstoffe (Vakzine auf der Grundlage attenuierter Viren) sollen bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und bei Patienten unter immunsuppressiver/immunmodulierender Therapie nicht eingesetzt werden. Zurzeit ist kein Lebendimpfstoff gegen SARS-CoV-2 zugelassen oder befindet sich in einem fortgeschrittenen Stadium der Entwicklung.
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Abgesehen von bekannten Allergien gegen Impfstoffkomponenten gibt es keine Kontraindikationen für die COVID-19-Impfung. Das gilt auch für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und für Patienten unter immunsuppressiver/immun-modulierender Therapie. Zum Risiko venöser Thrombosen, insbesondere von Sinusvenenthrombosen, nach Impfung mit dem Astra-Zeneca/Oxford-Impfstoff, sei auf die diesbzgl. Stellungnahme der DGRh verwiesen.
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Wenn Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und Patienten unter immunsuppressiver/immunmodulierender Therapie keinen ausreichend hohen oder langanhaltenden Titer neutralisierender Antikörper aufbauen, muss möglicherweise eine Auffrischung oder eine dritte Impfung erwogen werden. Dafür werden Daten laufender Impfstudien und -beobachtungen kontinuierlich ausgewertet.
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Basierend auf den Daten der in Deutschland verfügbaren SARS-CoV-2-Impfstoffe gibt es derzeit keine krankheitsbedingte Präferenz für einen SARS-CoV-2-Impfstoff gegenüber einem anderen. Daher sollten Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen jeden verfügbaren Impfstoff erhalten unter Berücksichtigung der STIKO-Empfehlungen im Hinblick auf die Altersbegrenzung beim Astra-Zeneca/Oxford-Impfstoff, der nur für Patienten ab dem 60. Lebensjahr empfohlen wird.
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Nach der SARS-CoV-2-Impfung sollten Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, wie alle anderen geimpften Personen auch, weiterhin alle geltenden Abstands-, Hygiene-und Atemschutzmaskengebotsregeln und andere vorbeugende Maßnahmen befolgen.
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Unabhängig von den Überlegungen zu SARS-CoV-2 sollte die Impfung gegen Pneumokokken und insbesondere gegen Influenza gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission erfolgen. Daten zu Wechselwirkungen zwischen diesen und anderen bekannten Impfstoffen einerseits und den SARS-CoV-2 Impfstoffen auf der anderen Seite liegen nicht vor. Ein Mindestabstand von 14 Tagen vor Beginn und nach Ende der Impfserie gegen SARS-CoV-2 sollte bei anderen Impfungen (mit Ausnahme von Notimpfungen) eingehalten werden.
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Aus grundsätzlichen Überlegungen zur Effektivität einer Impfung sollte die Immunsuppression zum Zeitpunkt der Impfung zwar so gering wie möglich sein. Für SARS-CoV-2 gilt aber: Das Risiko einer Reaktivierung der rheumatischen Erkrankung nach Absetzen einer immunmodulierenden/immunsuppressiven Therapie wird in Abwägung gegen eine potentielle Verbesserung der Impfantwort als so erheblich eingeschätzt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht empfohlen wird, eine bestehende immunmodulierende/immunsuppressive Therapie wegen einer Impfung, deren Verfügbarkeit zurzeit nicht flächendeckend garantiert ist, zu verändern. Als Ausnahme gilt hier die Gabe von langwirksamen B-Zell depletierenden Substanzen (Rituximab). Hier sollte unter Abwägung der Gefahr einer Reaktivierung der Grunderkrankung einerseits und der Verbesserung einer potenziellen Impfantwort andererseits ein Pausieren oder die Um-stellung auf alternative Therapien erwogen werden.
Für den Vorstand der DGRh
Prof. Dr. Andreas Krause (Präsident)
Prof. Dr. Christof Specker (1. Vizepräsident)
Prof. Dr. Hendrik-Schulze-Koops (2. Vizepräsident)
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1 Geisen UM, Berner DK, Tran F, Sümbül M, Vullriede L, Ciripoi M, Reid HM, Schaffarzyk A, Longardt AC, Franzenburg J, Hoff P, Schirmer JH, Zeuner R, Friedrichs A, Steinbach A, Knies C, Markewitz RD, Morrison PJ, Gerdes S, Schreiber S, Hoyer BF. Immunogenicity and safety of anti-SARS-CoV-2 mRNA vaccines in patients with chronic inflammatory conditions and immunosuppressive therapy in a monocentric cohort. Ann Rheum Dis. 2021 Mar 24:annrheumdis-2021-220272. doi: 10.1136/annrheumdis-2021-220272. Epub ahead of print. PMID: 33762264.