Durchschlagender Erfolg in der Rheumatherapie: Neue Zelltherapie bei rheumatoider Arthritis wirksam
23.05.2024
Erlangen/Berlin - Medizinerinnen und Mediziner der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben einen neuen Therapieansatz weltweit erstmals bei rheumatoider Arthritis (RA) eingesetzt. Die Forscher:innen erzeugten dafür mit einem Medikament, dem „bi-spezifischen“ Antikörper Blinatumomab (BLINA), eine Verbindung zwischen zwei Sorten von Immunzellen. Die Brücke zwischen den sogenannte B-Zellen und T-Zellen stoppt den entzündlich-rheumatischen Krankheitsprozess. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V. freut sich, dass dieser bemerkenswerte Fortschritt zwei jungen Rheumatologinnen gelungen ist. Wie eine Pressemeldung der FAU berichtet, sind die Ergebnisse Anfang Mai in der internationalen Fachzeitschrift Nature Medicine erschienen.
Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen ist die körpereigene Abwehr fehlgesteuert. Dadurch greifen Zellen, die den Körper schützen sollten stattdessen gesundes Gewebe an. Dies setzt Entzündungsvorgänge an Knochen, Knorpel, Gelenken und anderen Organen in Gang, schädigt und zerstört diese. Sowohl B-Zellen als auch T-Zellen spielen dabei eine zentrale Rolle. Rund einer von 100 Menschen erkrankt im Laufe des Lebens an rheumatoider Arthritis.
Die Behandlungsmöglichkeiten sind heute grundsätzlich gut, dennoch gelingt es nicht bei allen Betroffenen, die Krankheit zum Stillstand zu bringen.
Etwa 10 bis 20 Prozent sprechen auf die verfügbaren Therapien nicht ausreichend an.“ Hagen ist Teil eines Teams von Ärztinnen und Ärzten der FAU, die das neue Behandlungsverfahren erprobt haben.
Das im Labor erzeugte Eiweißmolekül Blinatumomab kann, wie andere Antikörper auch, mit seinen zwei „Armen“ an einem Antigen andocken und dieses neutralisieren. Nach Bindung von Antikörpern und Antigen folgt in der Regel eine Immunantwort. BLINA ist aber auch in der Lage, sich mit einem „Arm“ an der Zelloberfläche von B-Zellen und zugleich mit dem anderen Arm an die Zelloberfläche von T-Zellen zu binden. Im Normalfall endet dieses Zusammentreffen nicht günstig, erläutert Forscherin Dr. med. Laura Bucci: „da hierdurch die T-Zelle die B-Zelle abtötet.“ Genau davon profitieren Patientinnen und Patienten mit Rheuma und anderen Autoimmunerkrankungen. Denn die B-Zellen produzieren krankmachende Antikörper und lösen Entzündungen aus. Mit ihrem Untergang stoppt auch die Krankheit.
Ein Teil der bereits verfügbaren Rheuma-Therapien wirken ebenfalls, indem sie B-Zellen hemmen, allerdings nur unzureichend. Vermittelt durch die T-Zellen fällt die Hemmung der B-Zellen ungleich stärker aus. Dieses Prinzip wenden Mediziner auch zur Behandlung von „Blutkrebs“ an, der durch bösartige B-Zellen entsteht. Mit BLINA gelingt es, B-Zellen zu finden, die sich tief im Gewebe verbergen. Durch das Medikament gelangen daher auch sie mit den tödlichen T-Zellen in Kontakt. „Der Effekt war verblüffend“, erklärt Prof. Dr. Ricardo Grieshaber-Bouyer, leitender Arzt der Studienambulanz und Forschungsgruppenleiter. Selbst bei sehr therapieresistenter rheumatoider Arthritis sei es zu einem Zusammenbruch der Entzündungsreaktion und zu einer deutlichen Besserung der Erkrankung gekommen, erläutert Grieshaber-Bouyer, der im Jahr 2022 einer der Stipendiaten der Forschungsinitiative der DGRh war: „Damit geben die Ergebnisse unserer Studie einen wichtigen Impuls für die Weiterentwicklung dieser Therapien bei der RA wie auch bei anderen Autoimmunerkrankungen.“
- Bei Abdruck Beleg erbeten. -
Quelle:
Wie ein „Date“ von Immunzellen Rheuma verschwinden lässt; Pressemeldung der FAU vom 26. April 2024;
Bucci, L., Hagen, M., Rothe, T. et al. Bispecific T cell engager therapy for refractory rheumatoid arthritis. Nat Med (2024). https://doi.org/10.1038/s41591-024-02964-1