Langfristige Kortison-Einnahme begünstigt Knochenbrüche – Rheumatologen setzen auf frühzeitige Vorbeugung
DGRh veröffentlicht Empfehlung zur Glukokortikoid-induzierten Osteoporose
16.11.2021
Schätzungen zufolge werden bis zu einem Prozent der Bevölkerung westlicher Länder langfristig mit Glukokortikoiden, umgangssprachlich bekannt unter dem Namen Kortison, behandelt. Die Substanzen werden vielfach bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen verschiedener Organe, wie beispielsweise rheumatischen Krankheiten, eingesetzt. Eine mögliche Folge der Langzeit-Einnahme ist eine Abnahme der Knochendichte bis hin zur Osteoporose. Daher sollten Rheumapatientinnen und -patienten, die wiederholt oder langfristig Glukokortikoide einnehmen, vorbeugende Maßnahmen ergreifen und vorsorglich auf eine sich entwickelnde Osteoporose untersucht und behandelt werden. In ihrer aktuellen Empfehlung zum Management der Glukokortikoid-induzierten Osteoporose weist die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh) auf Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten dieser Folgeerkrankung hin.
Eine Kortison-Behandlung ist häufiger Bestandteil der medikamentösen Behandlung von Autoimmunerkrankungen. Gerade bei Krankheitsschüben verschafft das Medikament zuverlässig und rasch Linderung. Im Gegensatz zum meist gut verträglichen kurzzeitigen Einsatz von Kortison auch in höheren Dosierungen, bleibt die Langzeitbehandlung – definiert als Behandlung über mindestens drei Monate, die in der Realität häufig über Jahre andauert – oft nicht ohne Nebenwirkungen. Eine der häufigsten ist die Glukokortikoid-induzierte Osteoporose (GIOP), eine durch Kortison-Präparate verursachte sekundäre Osteoporose. Bei rund 30 bis 40 Prozent der Patienten, die über einen Zeitraum von rund 4,5 Jahren mit Kortison behandelt wurden, lassen sich aktuelle oder alte Frakturen nachweisen.
Aufgrund der medikamentösen Behandlung spüren viele von ihnen gerade bei kleinen Knochenbrüchen kaum oder keine Schmerzen, weswegen sie oft übersehen und nicht behandelt werden.
Dr. med. Jan Leipe
Foto: privat
Die Folge ist ein immer fragileres Skelett, das erneute Frakturen begünstigt.
Aufgrund der Häufigkeit einer sekundären Osteoporose sollte eine langfristige Kortison-Behandlung durch eine kalziumreiche Ernährung und die Gabe von Vitamin D von Beginn an begleitet werden. Die Knochendichte sollte gemäß Leitlinie des Dachverbandes Osteologie e.V. (DVO) regelmäßig geprüft und die zusätzliche Gabe von Medikamenten, die den Knochenabbau hemmen oder sogar den Aufbau fördern, erwogen werden. „Bereits in den ersten drei bis sechs Monaten der Glukokortikoid-Therapie sinkt die Knochendichte um bis zu 12 Prozent, was die Dringlichkeit der genannten Maßnahmen unterstreicht“, so Leipe. Dabei stehe die Abnahme der Knochendichte in direktem Zusammenhang mit der Dosierung und Dauer der Medikamentengabe. Nach Behandlungsende sinke das Frakturrisiko wieder. Eine kurzfristige und hochdosierte Einnahme von Kortison wirke sich vergleichsweise gering auf die Knochendichte aus. „Erhebungen zeigen uns, wie sorgfältig abgewogen der Einsatz von Kortison erfolgen sollte“, so Leipe. Es gelte: So viel wie nötig – so wenig wie möglich, begleitet von der umgehenden Prävention einer sekundären Osteoporose.
Bei der Therapie rheumatischer Erkrankungen seien Glukokortikoide ein unerlässlicher Baustein. „Umso wichtiger ist es, möglichen Nebenwirkungen und damit Folgeerkrankungen rechtzeitig vorzubeugen“, ergänzt DGRh-Präsident Professor Dr. med. Andreas Krause aus Berlin. Anlässlich der Veröffentlichung der aktuellen Empfehlungen weist die DGRh daher darauf hin, dass zu einer optimalen Versorgung von Patientinnen und Patienten, die beispielsweise aufgrund einer rheumatischen Erkrankung Kortison erhalten, aber auch bei allen anderen Patientinnen und Patienten mit einer langfristigen Kortison-Therapie, immer auch die Prävention einer möglichen Osteoporose gehört.
- Bei Abdruck Beleg erbeten. -
Literatur:
Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie zum Management der Glukokortikoid-induzierten Osteoporose: Z Rheumatol 2021, 80:670–687
https://doi.org/10.1007/s00393-021-01028-w Springer Medizin Verlag GmbH