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Risiko Lebendimpfstoff

Worauf Rheumapatienten bei Impfungen achten müssen

Berlin, August 2019

Impfungen sind für Rheuma-Patienten besonders wichtig, weil die Krankheit selbst und deren Behandlung die Immunabwehr gegen Bakterien und Viren schwächen. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) begrüßt deshalb, dass ein Expertenteam auf Initiative der Ständigen Impfkommission (STIKO) Anwendungshinweise für Menschen mit Autoimmunerkrankungen veröffentlicht hat, zu denen auch Rheuma und andere chronisch-entzündliche Erkrankungen gehören.

Bei rheumatischen Erkrankungen befindet sich das Immunsystem in ständiger Alarmbereitschaft.

Die Entzündung bindet Ressourcen, die bei der Abwehr von Krankheitserregern fehlen können.

Prof. Hendrik Schulze-Koops, Präsident der DGRh und Leiter der Rheumaeinheit am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München

Menschen mit Rheuma erkranken deshalb doppelt so häufig an viralen oder bakteriellen Infektionen wie andere Menschen.

Die Experten raten den Patienten deshalb, an allen von der STIKO empfohlenen Impfungen teilzunehmen. Das gilt nicht nur für ältere Patienten mit rheumatoider Arthritis oder Psoriasis-Arthritis. Auch jüngere Menschen, zum Beispiel mit Morbus Bechterew, sollten darauf achten, dass sie alle für Kinder und Jugendliche vorgesehenen Impfungen erhalten haben.

„Das Problem ist, dass die Wirkung einer Impfung auf ein intaktes Immunsystem angewiesen ist“, sagt Professor Schulze-Koops. „Es muss die Antikörper bilden, die später vor einer Infektion schützen.“ Diese Voraussetzung ist bei rheumatischen Erkrankungen nicht immer gegeben und der Impferfolg somit gefährdet. Noch schwieriger wird es, wenn die Patienten mit Medikamenten behandelt werden, die das Immunsystem bremsen. Solche Immunsuppressiva sind heute ein Grundpfeiler der Behandlung. Die meisten Patienten erhalten Basistherapeutika wie Methotrexat (MTX), die das Fortschreiten der Gelenkzerstörung verhindern. Bei einem Krankheitsschub sind häufig Steroide notwendig.

Ob Patienten, die mit Immunsuppressiva behandelt werden, geimpft werden dürfen, hängt in erster Linie vom Impfstoff ab. Die meisten enthalten abgetötete Erreger. Es gibt Totimpfstoffe zum Beispiel gegen Pneumokokken, Hepatitis B, Meningokokken, Herpes zoster (Gürtelrose) und humane Papillomaviren (HPV). Auch der Grippeimpfstoff (gegen Influenza-Viren) zählt dazu, mit Ausnahme des Impf-Nasensprays, das eigentlich nur bei Kindern eingesetzt wird. Totimpfstoffe können nach Einschätzung der Experten bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen meist bedenkenlos eingesetzt werden.

„Bei einigen stark wirkenden Immunsuppressiva kann die Fähigkeit des Immunsystems zur Antikörperbildung jedoch soweit eingeschränkt sein, dass keine Schutzwirkung erzielt wird“, gibt Professor Schulze-Koops zu bedenken. Dazu gehören vor allem Biologika wie Rituximab oder Abatacept. Die Experten raten deshalb, die Impfungen vor Behandlungsbeginn durchzuführen.

Vorsicht geboten ist beim Einsatz von Lebendimpfstoffen, die abgeschwächte Krankheitserreger enthalten. „Das Immunsystem gesunder Menschen kommt damit gut zurecht“, sagt Professor Schulze-Koops: „Bei abwehrgeschwächten Menschen kann es jedoch zu einer Infektion kommen.“ Mit Lebendimpfstoffen wird heute gegen Masern-Mumps-Röteln (MMR-Impfung), gegen Gelbfieber und gegen Rotaviren geimpft. Der ältere Zosterimpfstoff wurde kürzlich durch einen Totimpfstoff abgelöst. Diese Impfungen erfolgen in den ersten Lebensjahren und sind in der Regel abgeschlossen, wenn entzündlich-rheumatische Erkrankungen auftreten. Einen guten Impfschutz benötigen übrigens nicht nur die Patienten selbst. Die Experten raten auch deren Angehörigen zur Impfung, um die Gefahr einer Übertragung zu minimieren.

- Bei Abdruck Beleg erbeten. -

 

Quelle:

Norbert Wagner, Frauke Assmus et al.: Impfen bei Immundefizienz. Anwendungshinweise zu den von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen. (IV) Impfen bei Autoimmunkrankheiten, bei anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen und unter immunmodulatorischer Therapie. Bundesgesundheitsbl 2019, 62:494–515

https:// doi.org/ 10.1007/ s00103- 019- 02905-1

 

Terminhinweis:

47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

Termin: 4. bis 7. September 2019, 12.00 bis 13.00 Uhr
Ort: Internationales Congress Center Dresden, Ostra-Ufer 2, 01067 Dresden


Symposium Impfungen im Rahmen des Kongresses

Termin: Freitag, 6. September 2019, 16.45 bis 18.15 Uhr
Referenten: Professor Dr. med. Michael Borte, Leipzig; Professor Dr. med. Hanns-Martin Lorenz, Heidelberg

 

Ihr Pressekontakt

Stephanie Priester

Pressestelle DGRh

Thieme Kommunikation

Postfach 30 11 20

70451 Stuttgart