Deutschland fehlen Rheumatologen
Versorgungsdefizite gefährden Therapieerfolg bei Rheumapatienten
Berlin, März 2017
Deutschland benötigt rund doppelt so viele Rheumatologen wie zurzeit tätig, um die Bevölkerung ausreichend gut zu versorgen. Das zeigt das aktuelle Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) zur Versorgung in ihrem Fachbereich. Werden Verdachtsfälle von Rheuma frühzeitig erkannt und konsequent und kontinuierlich behandelt, können diese Menschen meist ein Leben ohne wesentliche Einschränkungen in Lebensqualität und sozialer Teilhabe führen. Welche Konsequenzen der Mangel an Rheumatologen für die Patienten hat und wie eine optimale rheumatologische Versorgung aussieht, diskutieren Experten im Rahmen einer Pressekonferenz der DGRh am 19. April in Berlin.
Das ist eine untragbare Situation für die Patienten, die ein Anrecht auf eine regelmäßige Versorgung haben
Bereits im Jahr 2008 hat die DGRh in einem Memorandum den Bedarf an rheumatologischer Versorgung in Deutschland definiert. Nun legt die Fachgesellschaft eine Aktualisierung vor, die aufzeigt, dass sich die Versorgungsmöglichkeiten kaum verbessert haben. Deutschland braucht allein in der ambulanten Versorgung fast 600 zusätzliche internistische Rheumatologen. „Das ist eine untragbare Situation für die Patienten, die ein Anrecht auf eine regelmäßige Versorgung haben“, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V., Professor Dr. med. Hanns-Martin Lorenz. Dem Anspruch könnten Mediziner in der Realität derzeit nur eingeschränkt gerecht werden. Und auch in der stationären und rehabilitativen Versorgung sei der Bedarf bei weitem nicht gedeckt: In der akutstationären Versorgung fehlen bis zu 400 Rheumatologen, in der rehabilitativen Versorgung rund 80.
Die Therapie hat sich in den letzten Jahren stark verbessert: „Durch neue Optionen in der Rheumabehandlung haben Menschen mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung mittlerweile gute Chancen, ein weitgehend normales Leben zu führen – ohne wesentliche Einschränkungen in Lebensqualität und sozialer Teilhabe“, sagt Professor Lorenz, der Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg und medizinisch-wissenschaftlicher Leiter des Acura-Rheumazentrums in Baden-Baden ist. Die Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass diese Erkrankungen frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt werden. Die späte Diagnose kostet Zeit und erschwert die Therapie, weil bereits entzündlich-rheumatische Vorgänge im gesamten Körper, an Gelenken und inneren Organen Schaden verursachen können.
Entscheidend für den Therapieerfolg ist, dass die an der Diagnose und Behandlung beteiligten Ärzte gut vernetzt und in enger Abstimmung arbeiten
„Entscheidend für den Therapieerfolg ist, dass die an der Diagnose und Behandlung beteiligten Ärzte gut vernetzt und in enger Abstimmung arbeiten“, erklärt Professor Dr. rer. pol. Angela Zink, Leiterin des Programmbereichs Epidemiologie und Klinik mit dem Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie an der Charité Berlin, Mitverfasserin des Memorandums. So sollen Verdachtsfälle frühzeitig erkannt, Neuerkrankte innerhalb von drei Monaten fachärztlich versorgt und Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen kontinuierlich und zielorientiert behandelt werden. Eine entscheidende Rolle spielen hierbei auch Patientenschulungen. Nur so könne der Arzt gemeinsam mit dem Patienten partizipativ Entscheidungen treffen und die Therapieziele langfristig erreichen, so Zink weiter. Gerade Fächer wie die Rheumatologie bedürften der intensiven persönlichen Zuwendung zum Patienten, die derzeit nur eingeschränkt leistbar wäre.
Welche Folgen die Unterversorgung für den Patienten mit sich bringt, wie eine optimale Versorgung für diesen aussieht und wie man diese erreichen kann, diskutieren Experten im Rahmen einer Pressekonferenz am 19. April in Berlin.