Empfehlungen zum Einsatz von Rituximab bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Therapieziel
3. Zulassung
4. Indikation
5. Prädiktive Faktoren
6. Begleitmedikation
7. Voraussetzungen
8. Impfungen
9. Infusion
10. Monitoring
11. Wiederholungstherapie
12. Nicht-Ansprechen
13. Extraartikuläre RA-Manifestationen
14. Nebenwirkungen
15. Schwangerschaft
16. Fazit für die Praxis
17. Empfehlungen Kurzform
18. Literatur
Erstveröffentlichung Juni 2013 / zuletzt überprüft August 2024
Rituximab ist ein chimärer, gegen CD20 gerichteter monoklonaler Antikörper, der eine vorübergehende Depletion von CD20 exprimierenden B-Zellen induziert. Während der Entwicklung von B-Zellen wird CD20 auf der Oberfläche von frühen Vorläufer-B-Zellen (ab den Prä-B-Zellen) bis hin zu reifen B-Zellen exprimiert, nicht jedoch auf Stammzellen und sehr frühen B-Zellvorläufern (Pro-B-Zellen) oder Plasmablasten bzw. Plasmazellen. Seit 1997 ist Rituximab zur Behandlung von Non-Hodgkin-Lymphomen der B-Zellreihe zugelassen, seit 2006 zur Behandlung von Patienten mit aktiver rheumatoider Arthritis (RA) und früherem Therapieversagen bzw. Unverträglichkeit von Tumornekrosefaktor(TNF)-Inhibitoren in Kombination mit Methotrexat (MTX). Rituximab ist seit 2013 außerdem zur Therapie von Patienten mit schwerer ANCA-assoziierter Vaskulitis zugelassen. Auf diese Indikation wird in einer seperaten Empfehlung eingegangen.
Im Juni 2006 erarbeitete eine Expertengruppe von Rheumatologen unter Mitarbeit eines Hämatologen und von Patientenvertretern Empfehlungen zum Einsatz von Rituximab bei Patienten mit RA. Diese wurden anschließend in einer größeren multinationalen Gruppe von Rheumatologen diskutiert und im Februar 2007 publiziert1.
Seit 2007 steht jedoch eine Vielzahl von weiteren Publikationen und Studiendaten sowohl zur Sicherheit wie auch zur Effektivität von Rituximab zur Verfügung. Daher fand im Mai 2010 ein erneutes Konsensustreffen (mit Beteiligung von Patientenvertretern) statt, bei dem verschiedene Aspekte der Rituximabtherapie, basierend auf den Ergebnissen einer aktualisierten systematischen Literaturrecherche, diskutiert wurden. In dieser Publikation wird insbesondere auf
- die Evaluation des therapeutischen Ansprechens,
- Fragen der Retherapie sowie
- die prädiktiven Faktoren für ein Ansprechen und Sicherheitsaspekte
eingegangen2. Dabei wird der Grad der jeweiligen Empfehlung wie üblich nach Kategorien angegeben (nach Scottish Intercollegiate Guidelines Network, SIGN), wobei die internationale Konsensusgruppe den Evidenzgrad Ia beim Vorliegen von zwei oder mehr randomisierten klinischen Studien mit vergleichbaren Ergebnissen akzeptiert.
Der vorliegende Beitrag basiert auf den genannten aktualisierten internationalen Empfehlungen und wurde von der Kommission Pharmakotherapie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) unter besonderer Berücksichtigung der in Deutschland vorgegebenen Empfehlungen zum Einsatz von Biologicals bei Patienten mit RA erarbeitet. Er wurde außerdem mithilfe einer aktualisierten Literaturrecherche erstellt, die den Zeitraum bis 30.06.2012 umfasst.
Die RA ist eine systemische Erkrankung, die durch eine fortschreitende Zerstörung der betroffenen Gelenke mit Beeinträchtigung der Lebensqualität und Funktionsfähigkeit bis hin zur Invalidität gekennzeichnet ist. Die von der DGRh überarbeiteten Leitlinien zum Management der frühen RA reflektieren die Überzeugung, durch eine frühzeitige effektive Therapie den Krankheitsverlauf signifikant beeinflussen zu können3.
Gemäß den Empfehlungen der internationalen Expertengruppe, der Treat-to-Target-Initiative4, obliegt dem internistischen Rheumatologen nicht nur der Beginn der Basistherapie, sondern auch die engmaschige klinische Kontrolle mit Erhebung und Dokumentation der Krankheitsaktivität (DAS) und Beurteilung des radiologischen Verlaufs.
Das Therapieziel bei der Behandlung der RA ist die Krankheitsremission. Kann eine Remission trotz konsequenter Therapie mit konventionellen Basistherapeutika und TNF-Blockern nicht erreicht werden oder bestehen Unverträglichkeiten gegen diese Wirkstoffe, ist eine Indikation zum Einsatz von Rituximab gegeben.
In einer multizentrischen, doppelblinden, randomisierten und placebokontrollierten Studie (REFLEX) zum Einsatz von Rituximab bei Patienten mit aktiver RA unter Methotrexat (MTX) und früherem Therapieversagen von TNF-Blockern führte Rituximab zu einer signifikanten Reduktion der Krankheitsaktivität sowie zu einer signifikanten Verlangsamung der radiologischen Progression über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren (Kategorie Ib; 5, 6).
Basierend auf dieser Studie ist gemäß Zulassungstext der European Medicines Agency (EMA) Rituximab in Kombination mit Methotrexat für die Behandlung erwachsener Patienten mit moderater und schwerer aktiver RA angezeigt, die ungenügend auf andere "disease-modifying anti-rheumatic drugs" (DMARD) einschließlich einer oder mehrerer TNF-Hemmer angesprochen oder diese nicht vertragen haben (S1-Leitlinie AWMF;7).
Auch wenn formal der Einsatz von Rituximab bei Patienten mit RA und Kontraindikationen gegen TNF-Blocker nicht untersucht worden ist, ist davon auszugehen, dass etwa 20 % der Patienten Rituximab als ihr erstes Biological in der klinischen Praxis erhalten8, 9. Die Studien zum Einsatz von Rituximab bei Patienten ohne Vortherapie mit TNF-Blockern zeigen eine ebenfalls gute klinische Effektivität der niedrigeren Dosis (2-mal 500mg im Abstand von 14 Tagen; 10, 11, 12). Bezüglich der Hemmung der radiologischen Progression war in der IMAGE-Studie bei MTX-naiven RA-Patienten insbesondere in den ersten 6 Monaten jedoch die Dosis 2-mal 500mg der höheren Dosis (2-mal 1000mg) unterlegen.
In mehreren klinischen Phase-III-Studien konnte die Effektivität und Sicherheit von Rituximab auch bei Patienten mit MTX-Versagen ohne früheren Einsatz von TNF-Blockern gezeigt werden (Evidenz Ib; 10, 11).
In einer randomisierten placebokontrollierten Studie an mehr als 700 Patienten mit früher aktiver RA ohne MTX-Vortherapie (IMAGE) wurde die Kombinationstherapie von MTX mit Rituximab (in zwei verschiedenen Dosierungen) mit einer MTX-Monotherapie verglichen12. In dieser Studie zeigte sich die Kombinationstherapie sowohl hinsichtlich der Besserung der klinischen Symptomatik und Funktionsfähigkeit wie auch im Hinblick auf die Hemmung der radiologischen Progression der MTX-Monotherapie nach 6, 12 und 24 Monaten signifikant überlegen12, 13.
Zur Behandlung der RA bei Patienten, bei denen eine vorangegangene Therapie mit TNF-Blockern versagte bzw. die eine Unverträglichkeit aufwiesen, ist Rituximab in den USA und Europa in einer Dosis von 1000mg als Infusion (zweimal im Abstand von 14 Tagen) in Kombination mit MTX und einer Prämedikation von 100mg Methylprednisolon sowie Antihistaminika und Antipyretika zugelassen.
Rituximab kann bei Patienten mit RA eingesetzt werden, die den Kriterien zum Einsatz von Biologicals entsprechen und die auf TNF-Blocker nicht oder ungenügend angesprochen oder diese nicht vertragen haben.
Die Schlussfolgerung, dass ein Patient auf TNF-Blocker nicht oder ungenügend angesprochen hat, sollte aber erst dann gezogen werden, wenn eine Optimierung der TNF-Blockertherapie und/oder der begleitenden DMARD-Therapie erfolgt ist. Eine derartige Optimierung der TNF-Hemmertherapie kann gemäß den EULAR-Empfehlungen den Wechsel auf einen anderen TNF-Blocker, insbesondere den Wechsel vom Fusionsprotein auf einen monoklonalen Antikörper oder umgekehrt, einschließen.
In dem Zusammenhang legen die bisherigen Daten zur Effektivität von Rituximab jedoch nahe, dass Rituximab nach Versagen eines TNF-Blockers eine bessere Wirksamkeit aufweist als bei Vortherapie mit zwei oder mehr TNF-Blockern5. Verschiedene randomisierte, placebokontrollierte Studien zeigen, dass insbesondere Patienten mit einem Therapieversagen bei TNF-Blocker-Gabe von einer Umstellung auf ein Biological mit einem anderen Wirkungsprinzip profitieren 5, 14, 15. Eine systematische Literaturrecherche basierend auf den randomisierten, placebokontrollierten klinischen Studien zeigt eine vergleichbare Effektivität von Rituximab zu anderen Biologicals bei Patienten mit Therapieversagen auf eine frühere TNF-Blocker-Therapie16.
In mehreren Kohortenstudien wurde die Umstellung auf Rituximab mit dem Wechsel auf einen 2. TNF-Blocker verglichen. Dabei zeigte sich, dass der Wechsel auf Rituximab (im Vergleich zum Wechsel auf einen anderen TNF-Blocker) im Mittel zu einer deutlicheren DAS-Reduktion führte als der Wechsel auf einen weiteren TNF-Blocker. Dies war besonders deutlich insbesondere bei Patienten, bei denen der Wechsel auf Biologicals aufgrund der Ineffektivität des TNF-Blockers erfolgte17.
Eine gepoolte Analyse von 10 europäischen Registern (CERRERA), basierend auf mehr als 2200 RA-Patienten, konnte analog zeigen, dass der Wechsel auf Rituximab insbesondere bei seropositiven (RF- und/oder ACPA-positiv) Patienten sowie bei einer geringeren Anzahl von TNF-Blockern in der Vorgeschichte mit einem besseren Ansprechen korreliert war18. Eine randomisierte und kontrollierte Head-to-head-Studie, die die Effektivität von Rituximab im Vergleich zu einem 2. TNF-Blocker bei Patienten mit früherem Anti-TNF-Versagen untersucht, ist bisher jedoch nicht verfügbar.
In der Praxis relevant ist die Situation von Patienten, die eine Therapie mit Biologicals benötigen, aber Kontraindikationen gegen den Einsatz von TNF-Blockern aufweisen oder bei denen das Vorliegen einer Komorbidität den Einsatz von Rituximab als bevorzugte Therapieoption erscheinen lässt. Formell ist Rituximab in diesen Patientenkollektiven nicht ausreichend untersucht.
Erwägungen zum Einsatz von Rituximab ohne vorherige TNF-Blocker-Therapie können durch das Vorliegen einer latenten oder früheren Tuberkulose ebenso wie ein früheres Tumorleiden oder eine demyelinisierende Erkrankung bestimmt werden. Komorbiditäten wie
- ein Non-Hodgkin-Lymphom,
- eine idiopathische Thrombopenie,
- eine autoimmunhämolytische Anämie oder
- eine rasch progrediente multiple Sklerose (insbesondere die schubförmig verlaufende Erkrankung)
sind als Beispiele für Situationen anzusehen, bei denen der Einsatz von Rituximab im Hinblick auf die Begleiterkrankung als sinnvolle Option anzusehen ist19.
Eine vorbestehende Allergie gegen andere Mausproteine wird nicht als absolute Kontraindikation angesehen – abweichend von der Fachinformation. In diesem Fall wird eine komplette Prämedikation stets empfohlen. Allerdings bedürfen auch diese Patienten einer besonderen Aufklärung und Überwachung während der Therapie. Patienten mit einer gleichzeitig vorliegenden schweren Infektion, Immundefekten oder einer ausgeprägten Herzinsuffizienz (NYHA IV) sollten nicht mit Rituximab behandelt werden. Es liegen bisher nur unzureichende Sicherheitsdaten zur Behandlung von Kindern vor.
Bezüglich der Effektivität von Rituximab basieren die meisten Studiendaten auf der Analyse von Patienten mit positiven Rheumafaktoren (Evidenzgrad Ia). Eine Subanalyse der REFLEX-Studie konnte zeigen, dass das klinische Ansprechen bei Patienten mit positivem Rheumafaktor bzw. anti-CCP deutlich besser war als bei seronegativen Patienten. Ein relevantes Fortschreiten der radiologischen Veränderungen war in der REFLEX-Studie nur bei den seropositiven Patienten zu sehen. Bei diesen Patienten konnte eine signifikante Progressionshemmung unter Rituximab beobachtet werden20.
Die gepoolte Auswertung der Studien MIRROR und SERENE von Patienten mit inadäquatem Ansprechen auf MTX sowie eine Subanalyse der IMAGE-Studie konnten bestätigen, dass Seropositivität (ACPA und/oder RF) mit einem signifikant besseren klinischen Ansprechen auf Rituximab assoziiert war (Isaacs ARD 2009, 38). Für das Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität bzw Remission betrug die OR für seropositive Patienten 1,73 bzw 2,38 im Vergleich zu den seronegativen Patienten.
Eine Subanalyse der SERENE-Studie zeigte, dass der Nachweis eines Rheumafaktors unabhängig vom Isotyp oder Immunglobulin G (IgG) ACPA mit einem signifikant besseren ACR50-Ansprechen assoziiert war21. Eine effektivere Hemmung der radiologischen Progression konnte in der IMAGE-Studie für die seropositiven Patienten unter der Kombinationstherapie MTX und Rituximab im Vergleich zur MTX-Monotherapie gezeigt werden13.
Das bessere klinische Ansprechen auf Rituximab bei seropositiven im Vergleich zu seronegativen RA-Patienten konnte ebenfalls in Kohortenanalysen und Registern bestätigt werden18, 22, 23.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens bei seropositiven Patienten signifikant höher ist als die seronegativer Patienten, was jedoch nicht ausschließt, dass auch für diese Patienten Rituximab eine wertvolle Therapiemöglichkeit darstellen kann.
Gemäß Zulassungsstatus und Studiendaten sollte Rituximab in Kombination mit MTX eingesetzt werden. In den bisher durchgeführten randomisierten klinischen Studien bot die Substanz eine signifikante klinische Effektivität auch in der Monotherapie (KategorieIb, einzelne Zielparameter;24, 25.
Im Hinblick auf das ACR20-Ansprechen war Rituximab in der Monotherapie dabei signifikant besser als Placebo, nicht jedoch bei der Evaluation der ACR50- und -70-Response (Kategorie Ib). Daher erfolgte die Zulassung für Rituximab in Kombination mit MTX. Auch die Dauer der Wirksamkeit scheint in der Monotherapie geringer zu sein als in der Kombination mit MTX (Kategorie Ib). In der Kombination mit MTX ist, im Falle eines klinischen Ansprechens, die Dauer des Ansprechens meist länger als 6 Monate (Kategorie Ib 26).
Neuere Register- und Kohortendaten haben gezeigt, dass Rituximab auch in Off-Label-Kombinationen mit anderen DMARD wie Leflunomid eine klinische Effektivität und Sicherheit vergleichbar mit der Kombination von Rituximab und MTX zeigt27, 28, 29.
Eine Empfehlung zum optimalen Abstand zur Vortherapie mit TNF-Blocker kann aufgrund fehlender Daten bisher nicht gegeben werden. Die Patienten, die im Rahmen der kontrollierten klinischen Studien der Phase II und III mit Rituximab behandelt wurden, hatten eine vorhergehende TNF-Blocker-Therapie mindestens 4 Wochen (bei Etanercept) bzw. 8 Wochen (bei Infliximab oder Adalimumab) abgesetzt.
Eine neuere Studie untersuchte die Sicherheit von Rituximab (in einer Dosis von 2-mal 500mg) an 176 Patienten mit einer bereits seit mehr als 12 Wochen bestehenden, aber nicht ausreichend effizienten Therapie mit einem anderen Biological (SUNDIAL;30). Dabei zeigte sich keine erhöhte Rate an schwerwiegenden Nebenwirkungen bzw. schwerwiegenden Infektionen im Vergleich zur REFLEX-Studie. Eine weitere Studie ergab zwar keine erhöhte Inzidenz von schweren Infektionen in der Kombination von Rituximab und TNF-Blockern (Etanercept bzw. Adalimumab), aber auch keinen Hinweis für eine bessere Effektivität31. Die gleichzeitige Gabe von anderen Biologicals und Rituximab kann nach der Studienlage derzeit außerhalb von klinischen Studien nicht empfohlen werden.
Im Einklang mit den Treat-to-target-Prinzipien sollte das individuelle Therapieziel mit dem Patienten besprochen und vereinbart werden4.
Vor Beginn einer Therapie mit Rituximab sollte, in Analogie zum Beginn einer TNF-Blockertherapie,
- eine ausführliche Anamnese,
- körperliche Untersuchung und
- eine Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane, insbesondere im Hinblick auf Infektionen oder andere Komorbiditäten, sowie
- die Sicherung eines aktuellen Impfschutzes (s.u.)
erfolgen. In den Phase-III-Studien bei MTX-vortherapierten bzw. MTX-naiven Patienten wurde keine spezifische weitere Diagnostik zum Ausschluss einer latenten Tuberkulose durchgeführt. Bei mit Rituximab behandelten Lymphompatienten zeigt sich keine erhöhte Inzidenz für eine Tuberkulosereaktivierung32.
Ein Purified-protein-derivative(PPD)- bzw. ein In-vitro-Test zum Ausschluss einer latenten Tuberkulose ist daher vor Beginn einer Rituximabtherapie nicht erforderlich.
Bei Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen und begleitender Hepatitis-B-Infektion wurde in Einzelfällen eine Reaktivierung der Hepatitis B unter Rituximab und zytostatischer Therapie beobachtet, verbunden mit hoher Mortalität, sodass diesbezüglich eine antivirale Prophylaxe empfohlen wird33, 34. Bisher wurde ein Einzelfall einer Hepatitis-B-Virus(HBV)-Reaktivierung bei einem RA-Patienten nach Rituximab berichtet35.
Eine Hepatitis-B-Diagnostik sollte daher vor Beginn einer Rituximabtherapie durchgeführt werden. Innerhalb der klinischen Studien wurden Patienten mit negativem "hepatitis B surface antigen" (HBsAg), aber positiven HBc-Antikörpern zugelassen, sofern sie negativ für HBV-DNA waren. Allerdings wurde bis zu einer Kopienzahl < 100 des HBV keine Reaktivierung einer Virushepatitis unter RTX gesehen (IMAGE-Studie). HBV-Reaktivierungen sind sowohl bei HBsAg-positiven wie -negativen Patienten beschrieben, sodass die aktuellen Richtlinien eine HBV-DNA-Bestimmung auch bei HBsAg-negativen, aber anti-HBc-positiven Patienten empfehlen. Eine Metaanalyse bestätigt für Patienten mit hämatologischen Erkrankungen und gleichzeitiger Hepatitis B den Benefit einer prophylaktischen antiviralen Therapie (Kategorie Ia;36). RA-Patienten mit Nachweis von HBs-Antigen, anti-HBc-Antikörpern bzw. HBV-DNA sollten vor Therapie mit Rituximab in Absprache mit einem Hepatologen antiviral behandelt werden. Bei Patienten, die anti-HBc-positiv und HBV-DNA-negativ sind, ist – sofern diese Patienten nicht antiviral behandelt werden – eine engmaschige Kontrolle der HBV-DNA nach Rituximab angezeigt. Je nach individuellem Infektionsrisiko ist eine Impfung gegen Hepatitis B vor Beginn einer Rituximabtherapie anzuraten.
Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Hepatitis C bei Patienten mit Non-Hodgkin Lymphomen unter zytostatischer Therapie ist dagegen nach bisherigen Erfahrungen nicht von einer Reaktivierung auszugehen (Kategorie IV). In Einzelfällen war hingegen eine Reaktivierung nach Rituximab nicht auszuschließen37. Explizit soll in diesem Zusammenhang jedoch auf positive Therapieerfahrungen bei der Hepatitis-C-assoziierten Kryoglobulinämie mit Rituximab verwiesen werden38. Eine Hepatitis-C-Serologie wird derzeit in den aktualisierten internationalen Empfehlungen angeraten. Zu empfehlen ist, mit Hepatitis B bzw. Hepatitis C infizierte Patienten in enger Kooperation mit einem Hepatologen zu betreuen.
Die routinemäßige Bestimmung der Serumimmunglobuline (IgG, IgA, IgM) wird vor Beginn einer Therapie mit Rituximab empfohlen, da es im Verlauf einer (mehrfachen) Rituximabtherapie zu einer Verminderung der Immunglobulinklassen, insbesondere IgM, kommen kann [39]. Eine Häufung von schweren Infektionen war in den klinischen Studien bei Patienten mit der Entwicklung subnormaler Serum-IgM Werte unter Therapie im Vergleich zum Verlauf mit normalen Serum-IgM Werten nicht zu beobachten, allerdings waren im französischen AIR-Register schwerwiegende Infektionen signifikant häufiger bei Patienten mit erniedrigtem IgG-Wert bzw. schweren Infektionen vor Beginn der Therapie zu verzeichnen40. Es liegen keine Daten zur Sicherheit von Rituximab bei Patienten mit ausgeprägter Hypogammaglobulinämie vor. Diesbezüglich müssen im Einzelfall mögliche Vor- und Nachteile einer Rituximabtherapie abgewogen werden.
Die durchflusszytometrische Bestimmung der peripher zirkulierenden B-Zellen wurde im Rahmen der klinischen Studien41, 42 durchgeführt, wird aber derzeit für die alltägliche Praxis nicht empfohlen.
Da unter Rituximab eine bis zu mehreren Monaten andauernde B-Zelldepletion beobachtet werden kann, stellt sich die Frage nach notwendigen Vakzinierungen vor bzw. während einer Therapie mit Rituximab. Bestehende spezifische Antikörperspiegel (z.B. gegen Tetanus) bleiben unter Rituximabtherapie unbeeinflusst, wie Daten der Phase-II-Studie nahelegen (DANCER). Im Gegensatz dazu zeigte sich in einer Studie bei Patienten mit aktiver RA trotz MTX43 für die Kombination Rituximab plus MTX im Vergleich zu MTX allein eine deutliche Reduktion der Impfantwort auf Pneumokokken sowie auf Tetanustoxoid. Die zelluläre Immunantwort, gemessen im Delayed-type-hypersensitivity(DTH)-Hauttest auf Candidaantigen, war unbeeinflusst. Es muss somit von einer verminderten oder sogar fehlenden humoralen Impfantwort ausgegangen werden44.
Hinsichtlich ihrer Sicherheit sind Impfungen mit Totimpfstoffen unbedenklich. Patienten sollten somit hinsichtlich ihrer Grundimmunisierung (Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Polio) befragt und gegebenenfalls eine Wiederauffrischung vor Beginn der Rituximabtherapie (nach den Robert-Koch-Institut-Empfehlungen) durchgeführt werden. Dies gilt auch für die generell bei Immunsupprimierten empfohlene Pneumokokken- und Influenzaimpfung. Diesbezüglich wird auf die Empfehlungen der European League Against Rheumatism (EULAR) zu Impfungen bei Patienten unter Biological-Therapie hingewiesen45. Hier wird auch empfohlen, nach Impfung die Rituximabtherapie erst nach 2–4 Wochen zu beginnen.
Prämedikation und Überwachung während der Infusion
Um Häufigkeit und Schwere von möglichen Infusionsreaktionen abzumildern, wird vor jeder Infusion mit Rituximab, insbesondere bei der erstmaligen Gabe, die Prämedikation mit intravenös 100mg Methylprednisolon oder GC-Äquivalent empfohlen. Antihistaminika und Paracetamol sollten, insbesondere bei allergischer Vorgeschichte, ebenfalls als Prämedikation gegeben werden. In Einzelfällen, z.B. bei Patienten mit Diabetes mellitus oder früherer Tuberkulose, sollte die Notwendigkeit einer Prämedikation mit Glukokortikoiden gegenüber möglichen Risiken abgewogen werden.
Während der Infusion müssen die Patienten sorgfältig hinsichtlich ihrer Vitalparameter überwacht werden. Eine Notfallausrüstung und ein mit Infusionsreaktionen erfahrener Arzt sollten verfügbar sein, um eine adäquate Erstversorgung bei anaphylaktischen Reaktionen zu gewährleisten.
Nach Therapie mit Rituximab sollten die Patienten klinisch und laborchemisch regelmäßig überwacht werden. Dies ist insbesondere bereits durch die Notwendigkeit der Kontrolle bei einer MTX-Therapie gegeben. Die Krankheitsaktivität sollte mittels üblicher validierter Parameter evaluiert werden. Ein Ansprechen auf Rituximab wird in der Regel ab der Woche 10 beobachtet.
Nach Gabe von Rituximab ist eine rasche, nahezu vollständige Depletion von peripheren B-Zellen zu beobachten, abhängig von der Sensitivität des gewählten durchflußzytometrischen Verfahrens. Periphere IgA-Plasmablasten [46] werden jedoch nicht depletiert.
Das therapeutische Ansprechen auf Rituximab korrelierte in kleineren, unizentrischen Studien mit dem Grad der peripheren und synovialen B-Zelldepletion47, 48. Die routinemäßige Bestimmung der peripheren B-Zellen im Verlauf wird dennoch nicht als notwendig angesehen.
Vor einem erneuten Therapiezyklus mit Rituximab wird die Bestimmung der Serumimmunglobuline IgM, IgG und IgA empfohlen.
Eine Wiederholungstherapie mit Rituximab wird für Patienten ab der Woche 24 (Kategorie IV) empfohlen, wenn diese Patienten zuvor auf Rituximab mit einer Disease-activity-score(DAS)-28-Verbesserung von ≥ 1,2 angesprochen hatten und entweder eine residuale Krankheitsaktivität besteht (DAS 28 <3,2) oder nach einem initialen Ansprechen erneut eine Zunahme der Krankheitsaktivität (Anstieg DAS 28 ≥ 0,6) beobachtet werden konnte. Dabei legen die bisherigen Analysen bei Patienten mit mehrfacher Retherapie nahe, dass bei wiederholter Rituximabgabe der Anteil von Patienten mit gutem Ansprechen gemäß den EULAR-Kriterien bzw. der Anteil der Patienten, die in Remission gelangen, höher wird [26]. Eine Wiederholungstherapie sollte grundsätzlich nicht vor Woche 16 in Erwägung gezogen werden2.
Eine retrospektive Analyse (basierend auf Daten der Edwards Studie und Dancer;49) verglich das langfristige Ansprechen bei Patienten mit aktiver RA trotz MTX, die entweder
- eine regelmäßige Wiederholungstherapie nach etwa 24 Wochen erhalten hatten (basierend auf Daten der Studien MIRROR/SERENE) oder
- die eine Retherapie nach Maßgabe des behandelnden Arztes von im Mittel nach etwa 60 Wochen erhalten hatten.
Auch wenn die Dauer der RA in beiden Kohorten mit im Mittel 3,6 Jahren (bei MIRROR/SERENE) versus 8,5 Jahren bei den beiden älteren Studien unterschiedlich war, so zeigte sich nach 48 Wochen (und im Verlauf der Beobachtungszeit bis zu 104 Wochen) eine signifikant bessere Reduktion der Krankheitsaktivität bei den Patienten, die eine Retherapie noch vor dem Wiederauftreten einer hohen Krankheitsaktivität bereits nach 24 Wochen erhalten hatten. Diese Daten reichen jedoch nicht aus, um bei Vorliegen einer Remission oder einer niedrigen Krankheitsaktivität regelhaft eine erneute Therapie nach 24 Wochen zu empfehlen.
12. VORGEHEN BEI NICHT-ANSPRECHEN
Die genannten Empfehlungen zur Retherapie basieren auf klinischen Studien, bei denen ausschließlich Patienten behandelt wurden, die initial auf Rituximab angesprochen hatten.
Es ist derzeit unklar, ob Patienten, die initial nicht angesprochen haben und keine Depletion der peripheren B-Zellen zeigen, von einer frühen Retherapie profitieren50, 51 oder nicht52.
Innerhalb von 4 Monaten nach Beginn einer Rituximabtherapie sollte die Gabe eines weiteren Biologicals vermieden werden, da erst nach 4 Monaten der Therapieerfolg unter Rituximab beurteilt werden kann2. Eine limitierte Anzahl von Patienten wurde nach Ablauf von mindestens 4 Monaten (im Mittel 25 Wochen) nach Rituximab erneut mit einem TNF-Blocker oder anderen Biologicals behandelt. Dabei zeigte sich in dieser Population keine Häufung von Infektionen im Vergleich vor bzw. nach Rituximab53. Daten aus dem französischen Register legen nahe, dass der Einsatz von Abatacept nach Rituximab nicht mit einer erhöhten Inzidenz schwerer Infektionen einhergeht54.
13. EXTRAARTIKULÄRE RA-MANIFESTATION
Klinische Studien zum Einsatz von Rituximab bei extraartikulären Manifestationen der RA liegen nicht vor. Kasuistiken berichten über eine erfolgreiche Therapie mit Rituximab bei RA-Patienten und kutanen vaskulitischen Ulzera, Skleritis oder refraktärem Felty-Syndrom55, 56, 57. Eine monozentrische Analyse aus Leeds legt nahe, daß RTX beim Vorliegen RA-assoziierter pulmonaler Veränderungen als sichere Therapie angesehen werden kann. Es muss jedoch angemerkt werden, dass bei den meisten der untersuchten Patienten eine histologische Bestätigung der pulmonalen Mitbeteiligung nicht erfolgt war58.
Die häufigsten Nebenwirkungen unter Rituximab sind infusionsassoziierte Reaktionen bei 30–35 % der Patienten trotz Glukokortikoidprämedikation bei der 1. Infusion. Die Verträglichkeit der zweiten Infusion (und aller weiteren Infusionen) ist in der Regel deutlich besser (Kategorie Ib). Diese Infusionsreaktionen sind in der Regel mild bis moderat, häufig ist ein Pausieren der Infusion und Wiederbeginn mit niedrigerer Infusionsgeschwindigkeit ausreichend. Bei schweren Reaktionen kann die zusätzliche Gabe eines Antihistaminikums oder eine erneute Steroidgabe mit vorübergehender Pause der Infusion erforderlich sein. Ein Abbrechen der Therapie ist nur in Ausnahmefällen erforderlich (1%; Kategorie III).
Das Auftreten von humanen antichimären Antikörpern (HACA) gegen Rituximab ist bei bis zu 11 % der behandelten RA Patienten beschrieben39. Die Datenlage zum Vorliegen von HACA bei Patienten mit RA und einer möglichen Assoziation zum Auftreten von Infusionsreaktionen als auch Wirkverlust etc. kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. In der Produktinformation wird ein Fall einer schweren allergischen Reaktion berichtet, bei dem HACA offensichtlich die Depletion von B-Zellen verhindert haben. Die Entwicklung von HACA scheint ansonsten nicht mit der klinischen Wirksamkeit von Rituximab zu interferieren59.
Publizierte Daten zur Langzeitsicherheit (Stand September 2011) basieren auf 3595 Patienten mit 1 bis 19 Behandlungszyklen und umfassen mehr als 14.000 Patientenjahre60.
Innerhalb der sechsmonatigen placebokontrollierten Studienphase von insgesamt 9 klinischen Studien zeigte sich unter Rituximab in Kombination mit MTX im Vergleich zur MTX-Monotherapie eine vergleichbare Inzidenz von Infektionen insgesamt wie auch von schweren Infektionen. Lediglich in zwei dieser Studien wird unter der Dosierung von 2-mal 1000mg eine numerisch höhere Inzidenz schwerer Infektionen beobachtet als unter Placebogabe, 4,7 versus 3,2/100 Patientenjahre (DANCER;61) bzw. 5,2 versus 3,7/100 Patientenjahre (REFLEX;5). Andererseits wurden in der IMAGE-Studie unter der Kombination Rituximab und MTX im Vergleich zu MTX allein schwere Infektionen seltener beobachtet: 3,74 (2-mal 1000mg), 4,61 (2-mal 500mg) versus 6,09 (Placebo) jeweils pro 100 Patientenjahre13.
Der Vergleich aller exponierten Patienten mit den Placebopatienten (818 Patienten, 1107 Patientenjahre) und denjenigen Patienten, die mehr als 5 Jahre mit Rituximab behandelt wurden (627 Patienten, 4418 Patientenjahre), zeigte hinsichtlich der Inzidenz von schweren Nebenwirkungen wie auch von schweren Infektionen keinen relevanten Unterschied60.
Daten des französischen Registers legen nahe, dass schwere Infektionen eher in den Monaten direkt nach der Therapie auftreten. Prädisponierende Faktoren40 waren
- Alter,
- kardiovaskuläre und
- pulmonale Begleiterkrankungen,
- eine extraartikuläre Beteiligung und
- ein niedriges Serum-IgG.
In der Sicherheitsdatenbank des Herstellers wird von zwei Fällen von Tuberkulose berichtet. Diese werden als De-novo-Infektionen angesehen. Aus den USA und Kanada werden 3 Fälle von Tuberkulose und 5 Fälle von atypischen Mykobakteriosen berichtet62. Andererseits wurden Patienten mit früherer Tuberkulose erfolgreich mit Rituximab (ohne Reaktivierung) behandelt63.
In einer früheren Langzeitsicherheitsanalyse wird eine erhöhte Rate von Herpes-zoster-Infektionen (0,98 Ereignisse/100 Patientenjahre) unter Rituximab berichtet. Diese Rate liegt in der gleichen Größenordnung wie unter TNF-Blocker-Therapie (1,11 Ereignisse/100 Patientenjahre;39).
Das Auftreten einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) als Reaktivierung einer in der Regel latent vorliegenden Infektion mit dem John-Cunningham(JC)-Virus ist eine sehr seltene Komplikation unter Rituximab (etwa 1: 30.000), verläuft jedoch in der Regel tödlich64. Eine zeitliche Beziehung zur Behandlung und der Erkrankungsdauer mit Auftreten einer PML liegt offenbar nicht vor, während die berichteten Fälle zumeist intensive Vorbehandlungen und Hinweise auf Überlappungen mit einem systemischen Lupus erythematodes (SLE; mit bekannt erhöhter PML-Inzidenz) aufwiesen. Einzelfälle von PML bei Patienten mit RA sind zwischenzeitlich auch unter anderen Biologicals beobachtet worden65, 66. Beim Auftreten neurologischer Symptome nach Rituximab ist daher eine entsprechende Diagnostik einzuleiten. Der Stellenwert eines Screenings vor Beginn einer Rituximabtherapie (in Analogie zu Natalizumab) ist derzeit nicht ausreichend validiert67.
Bisher gibt es keine Hinweise hinsichtlich einer erhöhten Malignominzidenz unter Rituximab bei RA-Patienten32, 39. Patienten mit gleichzeitigem oder früherem Non-Hodgkin-Lymphom stellen jedoch eine Population dar, für die die Gabe von Rituximab gegenüber einer Therapie mit anderen Biologicals (z.B. TNF-Blocker) zu erwägen ist.
Die Anwendung von Rituximab bei schwangeren oder stillenden Frauen ist kontraindiziert. Eine kürzliche Zusammenstellung umfasst 231 Schwangerschaften, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Rituximabtherapie aufgetreten sind. Von 153 Schwangerschaften, von denen der Verlauf bekannt ist, kam es
- bei 90 zur Geburt eines lebenden Kindes,
- in 33 Fällen zu einem Spontanabort und
- bei 28 Fällen zu elektiven Unterbrechungen.
Von den lebendgeborenen Kindern waren 22 unreif, ein Kind verstarb 6 Wochen postpartal. Zum Zeitpunkt der Geburt hatten 11 Kinder hämatologische Auffälligkeiten. Des Weiteren wurden 4 neonatale Infektionen und 2 kongenitale Missbildungen berichtet [68]. Bei der Gabe von Rituximab nach der 14. Schwangerschaftswoche muss von einer B-Zelldepletion beim Kind durch transplazentare Passage des Medikaments ausgegangen werden. Es wird aktuell empfohlen, eine sichere Kontrazeption für 12 Monate nach der letzten Rituximabtherapie anzuwenden.
Die hier zusammengestellten Empfehlungen basieren auf den Ergebnissen der bislang durchgeführten Studien und einem Update des internationalen Konsensusreport, der 2011 publiziert wurde2. Dieser Beitrag soll dazu dienen, praktische Fragen im Zusammenhang mit einer Rituximabtherapie bei der RA zu klären.
- Gemäß EMA-Zulassungstext und der S1-Leitline zur Therapie der RA (2012) ist Rituximab in Kombination mit Methotrexat für die Behandlung erwachsener Patienten mit moderater und schwerer aktiver RA angezeigt, die ungenügend auf andere DMARD einschließlich eines oder mehrerer TNF-Hemmer angesprochen oder diese nicht vertragen haben.
- Zur Behandlung der RA bei Patienten mit vorangegangenem Versagen der TNF-Blockertherapie bzw. Unverträglichkeit ist Rituximab in den USA und Europa in einer Dosis von 1000mg als Infusion (zweimal im Abstand von 14 Tagen) in Kombination mit MTX und einer Prämedikation von 100mg Methylprednisolon sowie Antihistaminika und Antipyretika zugelassen.
- Nach Gabe von Rituximab sollte die Krankheitsaktivität mittels üblicher validierter Parameter evaluiert werden. Ein Ansprechen auf Rituximab kann in der Regel ab der Woche 10 beobachtet werden.
- Eine Wiederholungstherapie wird nicht innerhalb von 16 Wochen nach Gabe von Rituximab empfohlen.
- Im Einzelfall kann bei RA-Patienten aufgrund von Kontraindikationen gegen TNF-Blocker, Abatazept oder Tocilizumab oder beim Vorliegen bestimmter Komorbiditäten der Einsatz von Rituximab auch ohne Vortherapie mit anderen Biologicals die Therapie mit Rituximab sinnvoll erscheinen. Formell ist Rituximab in diesen Patientenkollektiven jedoch nicht ausreichend untersucht.
- Die Wahrscheinlichkeit eines klinischen Ansprechens ist bei seropositiven Patienten signifikant höher als bei seronegativen Patienten. Dies schließt jedoch nicht aus, dass auch die seronegativen Patienten von Rituximab klinisch profitieren können.
- Gemäß Zulassungsstatus und Studiendaten sollte Rituximab in Kombination mit MTX eingesetzt werden. Neuere Daten haben jedoch gezeigt, dass Rituximab auch in Off-Label-Kombinationen mit anderen DMARD, wie Leflunomid, eine klinische Effektivität und Sicherheit vergleichbar mit der Kombination von Rituximab und MTX zeigt.
- Die gleichzeitige Gabe von Rituximab und anderen Biologicals sollte derzeit nur innerhalb von klinischen Studien durchgeführt werden.
- Die routinemäßige Bestimmung der Serumimmunglobuline (IgG, IgA, IgM) wird vor Beginn einer Therapie mit Rituximab bzw. vor jedem Therapiezyklus empfohlen.
- Vor Therapie mit Rituximab sollte ein HBV-Screening erfolgen. Patienten mit einer aktiven Hepatitis B sollten nicht mit Rituximab behandelt werden. Patienten mit einer positiven Hepatitis-B-Serologie (entweder HBsAg oder HBcAb) sollten vor Behandlungsbeginn einem Spezialisten für Lebererkrankungen zur Frage der antiviralen Therapie vorgestellt und weiter überwacht werden.
- Vor Therapie mit Rituximab sollte gemäß den EULAR-Empfehlungen der Impfstatus überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden.
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