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Empfehlungen zum Einsatz von Rituximab bei ANCA-assoziierten Vaskulitiden

Inhaltsverzeichnis

1. Zulassung
2. Remissionserhaltende Therapie
3. Induktion einer Remission
4. Gegenanzeigen und Vorsichtsmaßnahmen
5. Fazit für die Praxis
6. Zusammenfassung
7. Literatur

 

Erstveröffentlichung November 2013 / zuletzt überprüft August 2024

 

1. ZULASSUNG

Zulassungsrelevante Studien

Im Jahr 2010 sind zwei zulassungsrelevante Studien zum Einsatz von Rtx bei ANCA-assoziierten Vaskulitiden publiziert worden. Beide Studien wurden prospektiv und randomisiert mit unterschiedlichen Therapieschemata an unterschiedlichen Kollektiven durchgeführt.

In der europäischen RITUXVAS-Studie wurden 44 Patienten mit der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, früher Wegener-Granulomatose) und der mikroskopischen Polyangiitis (MPA), von denen 80% eine schwere renale Beteiligung hatten, untersucht 1. Davon wurden

  • 33 Patienten in den Studienarm mit Rtx und 
  • 11 Patienten in den Kontrollarm mit der Standardtherapie mit Cyc 

randomisiert. Neben den schweren Krankheitsverläufen fällt bei dieser Studie das mit 67 Jahren (Behandlungsgruppe) bzw. 68 Jahren (Kontrollgruppe) relativ hohe Alter der Patienten auf. Behandelt wurde mit Cyclophosphamid (Cyc) i.v. (15mg/kg Körpergewicht für 3–6 Monate) und Prednisolon (1g Methylprednisolon i.v., dann 1mg/kg Körpergewicht) im Vergleich zu einer reduzierten Zahl von Cyc-Infusionen (2–3) plus 4 Infusionen Rtx à 375mg/m2. Erlaubt waren bei schwerer Nierenbeteiligung auch Plasmapheresen mit Hochdosis Methylprednisolon. In der Studie ist nicht angegeben, wie die Verteilung der Plasmapheresebehandlung auf die Therapiearme war. Es findet sich in der Studie eine hohe Mortalität, die jedoch der bei schweren Vaskulitismanifestationen mit Nierenbeteiligung bekannten Mortalität entspricht. Nur die Patienten im Cyc-Arm erhielten eine anschließende remissionserhaltende Therapie mit Azathioprin (Aza). Das Ergebnis der Studie ist eine Nichtunterlegenheit des Rtx-Arms gegenüber des Arms mit der Standardtherapie von Cyc i.v., aber auch keine geringere Toxizität.

In der amerikanischen RAVE-Studie waren 197 Patienten mit generalisierter ANCA-positiver GPA oder MPA eingeschlossen. Es wurden eine Therapie mit 4 Infusionen Rtx (375mg/m2) mit einer dreimonatigen oralen Cyc-Therapie verglichen2. Die Hälfte der untersuchen Patienten waren an einem Rezidiv erkrankt. Das Durchschnittsalter betrug 54 (Rtx-Gruppe) bzw. 51 Jahre (Kontrollgruppe). Kein Patient war dialysepflichtig. Es zeigte sich auch hier keine Unterlegenheit des Rtx-Arms. Eine Subgruppenanalyse ergab, dass die Patienten, die mit einem Rezidiv in die Studie eingeschlossen wurden, im Rtx-Arm signifikant besser ansprachen als im Cyc-Arm. Diese Studie hat in den USA und jetzt in Europa zur Zulassung von Rtx für die Behandlung der AAV geführt.

Laut Zulassungstext ist Rtx in Kombination mit Glukokortikoiden indiziert zur Induktion einer Remission bei Erwachsenen mit schwerer, aktiver GPA und MPA3.

Folglich stellt Rtx eine Behandlungsalternative zur Cyc-Therapie für die Remissionsinduktion ANCA-assoziierter Vaskulitiden dar. Bei Unverträglichkeit von und/oder Kontraindikationen gegen Cyc, bei Nichtansprechen hierauf oder bei einem Rezidiv nach dieser Therapie sollte Rtx zum Einsatz kommen.

 

2. REMISSIONSERHALTENDE THERAPIE

Eine Zulassung für eine remissionserhaltende Therapie besteht derzeit nicht. Es liegen dazu inzwischen eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT), die als Abstract publiziert ist4, und zwei offene Studien vor5, 6.

In der randomisierten MAINRITSAN-Studie zum Remissionserhalt nach Standard-Cyc-Therapie durch Rtx versus Azathioprin war der Rtx-Arm mit 500mg Rtx alle 6 Monate dem konventionellen Aza-Arm (2mg/kg Körpergewicht täglich oral) signifikant überlegen. Die Ergebnisse sind bisher aber nur als Abstract publiziert4

Die Notwendigkeit einer remissionserhaltenden Therapie wird aus den 18-Monatsdaten der RAVE-Studie deutlich: Nach 18 Monaten waren noch 39% der Patienten in der Rtx-Gruppe gegenüber 33% der Patienten im Cyc-Arm in einer Remission. Bei den Patienten, die im Rezidiv mit Rtx behandelt wurden, waren nach 18 Monaten, wenn in der Regel die B-Zellen rekonstituiert waren, die Remissionen nicht mehr signifikant häufiger als im konventionellen Therapiearm. Unterschiede in der Toxizität und in der Infektrate zeigten sich nicht7.

 

3. INDUKTION EINER REMISSION

Die empfohlene Dosierung von Rtx zur Induktion einer Remission von GPA und MPA beträgt 375mg/m2 Körperoberfläche einmal wöchentlich als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 4 Wochen (insgesamt 4 Infusionen). Vor der ersten Infusion von Rtx wird empfohlen, Prednisolon intravenös über einen Zeitraum von 1-3 Tagen in einer Dosierung von 1g pro Tag zu verabreichen (die letzte Dosis Methylprednisolon kann am selben Tag wie die erste Infusion von Rtx gegeben werden). Danach soll während und nach der Behandlung mit Rtx orales Prednison 1mg/kg/Tag fortgeführt werden (nicht mehr als 80mg/Tag) mit schrittweiser Reduktion nach klinischem Ermessen. Die für die RA übliche Dosierung mit zwei Gaben Rtx von 1000mg im Abstand von 14 Tagen wurde in den beiden Studien zum Einsatz bei AAV nicht angewendet, wohl aber in weiteren Studien zum Einsatz von Rtx bei AAV5, 6.

Besonders für die Behandlung refraktärer Erkrankungsverläufe, von Rezidiven und bei Toxizität und hoher kumulativer Dosis von Cyc (>20g;8, 9) werden die Behandlungsmöglichkeiten verbessert10, 11, wobei allerdings weitere Studien und ggf. Registerdaten wünschenswert sind. Insbesondere bleibt auch zu klären, in welchen Fällen bzw. wie Rtx in Kombination mit Cyc eingesetzt werden kann/sollte.

 

4. GEGENENZEIGEN UND VORSICHTSMAßNAHMEN

Die Gegenanzeigen und Vorsichtsmaßnahmen entsprechen denen bei der Anwendung bei der rheumatoiden Arthritis12

Hypogammaglobulinämien und Neutropenien sind in der zulassungsrelevanten Studie der GPA/MPA häufiger beobachtet worden als in den Studien zur RA und sind besonders zu beachten. Eine Neutropenie dritten Grades und höher trat bei GPA/MPA mit 24% in der Rtx- und 23% in der Cyc-Gruppe wesentlich häufiger auf als mit 0,94% bei der RA unter Rtx (0,27% in der Placebogruppe). Bei Infektkomplikationen kann aufgrund der Erfahrungen in publizierten Fällen einer Beobachtungsstudie eine i.v.-IgG-Gabe empfohlen werden. Umfangreiche Daten zur Immunglobulinsubstitution liegen jedoch nicht vor13.

Eine Prophylaxe gegen Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie wird bei Patienten mit GPA oder MPA während und nach der Behandlung mit Rtx nach klinischer Maßgabe insbesondere bei einer Prednisolontagesdosis höher als 20mg täglich empfohlen14.

Die akute Toxizität scheint im Vergleich zu Cyc nicht erhöht zu sein. Für die Beurteilung der Langzeittoxizität liegen umfangreiche Daten aus der Behandlung von Lymphomen und der rheumatoiden Arthritis vor12.

Ein Monitoring der Krankheitsaktivität sollte gemäß der Empfehlungen der European League Against Rheumatism (EULAR) im Verlauf systematisch (z.B. mittels Birmingham-Vaskulitis-Aktivitäts-Score;15, 16) erfolgen, da es auch nach Rtx zu Rezidiven kommt7. Falls man sich nicht analog zur RA oder nach den Daten der MAINRITSAN-Studie4 zu einer nicht zugelassenen remissionserhaltenden Therapie entscheidet, kann ein ergänzendes Monitoring des ANCA-Titers und der peripheren B-Zellen im Einzelfall hilfreich sein6, um ein frühes Rezidiv zu erkennen.

 

5. FAZIT FÜR DIE PRAXIS

Rituximab kann bei schweren Krankheitsverläufen und bei Rezidiven eingesetzt werden. Es wird in vierwöchentlichen Infusionen zu 375 mg pro m2 nach einer hochdosierten intravenösen Prednisolontherapie über 3 Tage verabreicht. Die Therapie wird anschließend parallel zu einer oralen Prednisolontherapie fortgeführt.

Empfehlungen zum Einsatz von Rituximab bei ANCA-assoziierten Vaskulitiden

  • Bei schwerer, aktiver ANCA assoziierter Vaskulitis (AAV: GPA/MPA) ist die Initialtherapie mit Rituximab (Rtx) einer Standardtherapie mit Cyclophosphamid (Cyc) hinsichtlich Effektivität und Sicherheit gleichwertig (Empfehlungsstärke A).
     
  • Bei Kontraindikationen oder Toxizität von Cyc oder einer hohen kumulativen Dosis von Cyc kann daher Rtx alternativ zu Cyc in der Initialtherapie eingesetzt werden. Rtx sollte nicht routinemäßig in Kombination mit Cyc eingesetzt werden. Ausnahme: bei schwersten Verläufen (wie in der RITUXVAS-Studie) in spezialisierten Zentren (Empfehlungsstärke B).
     
  • Die empfohlene Rtx-Dosierung ist 375 mg/m2 Körperoberfläche einmal wöchentlich für 4 Wochen, gemäß Fachinformation in der Induktionstherapie nach intravenöser Gabe von Prednisolon an 3 aufeinanderfolgenden Tagen, davon die letzte vor der Rtx-Infusion.
     
  • Ein Monitoring der Krankheitsaktivität sollte im Verlauf systematisch erfolgen (Empfehlungsstärke C). Auch nach Rtx-Gabe kann es zu Rezidiven kommen und eine remissionserhaltende Therapie ist in der Regel erforderlich (Empfehlungsstärke B) Ein ergänzendes Monitoring des ANCA-Titers und der peripheren B-Zellen kann im Einzelfall hilfreich sein (Empfehlungsstärke C).
     
  • Eine Prophylaxe gegen Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie wird während undnach der Behandlung mit Rtx bei einer Prednisolontagesdosis höher als 20 mg täglich empfohlen (Empfehlungsstärke C).
     
  • Vor und nach der Therapie wird eine Überwachung der Immunglobulinspiegel empfohlen (Empfehlungsstärke C).
     
  • Vor der Rtx-Therapie wird entsprechend zur Therapie der rheumatoiden Arthritis eine Auffrischung des Impfstatus empfohlen (Empfehlungsstärke C).
     
  • Auch bei aktiver Erkrankung im Kopf-Hals-Bereich kann Rtx, insbesondere im Rezidiv eingesetzt werden (Empfehlungsstärke C).
     
  • Nach einer Therapie mit Rtx ist ebenso wie nach einer Therapie mit Cyc eine Erhaltungstherapie nach dem Standardprotokoll mit Azathioprin zu empfehlen. Für eine Erhaltungstherapie mit 500 mg Rtx alle 6 Monate fehlt bisher die formale Zulassung

 

6. ZUSAMMENFASSUNG

Seit April 2013 ist Rituximab (Rtx) für die Behandlung der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und der mikroskopischen Polyangiitis (MPA) zugelassen. Rituximab kann bei schweren Krankheitsverläufen und bei Rezidiven eingesetzt werden. Es wird in vierwöchentlichen Infusionen zu 375mg pro m2 nach einer hochdosierten intravenösen Prednisolontherapie über 3 Tage verabreicht. Die Therapie wird anschließend parallel zu einer oralen Prednisolontherapie fortgeführt. Die Empfehlungen zur Indikation und Durchführung dieser Therapie werden ergänzend zu den bereits publizierten Empfehlungen für die rheumatoiden Arthritis dargestellt.

Seit dem 22. April 2013 ist Rituximab (Rtx) für die Behandlung der schweren Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und der mikroskopischen Polyangiitis (MPA) zugelassen. In Ergänzung zu der aktualisierten Stellungnahme zur Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) mit Rituximab aus dem Jahr 2013 wird im Folgenden die Anwendung von Rtx bei den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) beschrieben.

 

7. LITERATUR

  1. Jones RB, Tervaert JW, Hauser T et al (2010) Rituximab versus cyclophosphamide in ANCA associated renal vasculitis. N Engl J Med 363:211–220

  2. Stone JH, Merkel PA, Spiera R et al (2010) Rituximab versus cyclophosphamide for ANCA-associated vasculitis. N Engl J Med 363:221–232

  3. Open drug database. ch.oddb.org/de/gcc/fachinfo/reg/54378. Zugegriffen: 15.01.2014

  4. Terrier B, Pagnoux C, Karras A et al (2013) Rituximab versus azathioprine for maintenance in antineutrophil cytoplasmic antibodies ANCA-associated vasculitis (MAINRITSAN): foffow up at 34 months. Ann Rheum Dis 72(Suppl 3):124

  5. Cartin-Ceba R, Golbin JM, Keogh KA et al (2012) Rituximab for remission induction and maintenance in refractory granulomatosis with polyangiitis (Wegener's): ten-year experience at a single center. Arthritis Rheum 64:3770–3778

  6. Smith RM, Jones RB, Guerry MJ et al (2012) Rituximab for remission maintenance in relapsing antineutrophil cytoplasmic antibody-associated vasculitis. Arthritis Rheum 64:3760–3769

  7. Specks U, Merkel PA, Seo P et al (2013) Efficacy of remission-induction regimens for ANCA-associated vasculitis. N Engl J Med 369:417–427

  8. Knight A, Askling J, Granath F et al (2004) Urinary bladder cancer in Wegener's granulomatosis: risks and relation to cyclophosphamide. Ann Rheum Dis 63:1307–1311

  9. Travis LB, Curtis RE, Glimelius B et al (1995) Bladder and kidney cancer following cyclophosphamide therapy for non-Hodgkin's lymphoma. J Natl Cancer Inst 87:524–530

  10. Holle JU, Reinhold-Keller E, Gross WL (2012) Update on granulomatosis with polyangitis (GPA, Wegener's granulomatosis). Z Rheumatol 71:745–753

  11. Moosig F, Holle JU, Gross WL (2009) Autoimmune vasculitides. Standards and guidelines of EULAR and EUVAS. Internist (Berl) 50:298–309

  12. Rubbert-Roth A (2014) Empfehlungen zum Einsatz von Rituximab bei Patienten mit rheumatoider Arthritis. Z Rheumatol (im Druck)

  13. Martinez Del PM, Chaudhry A, Jones RB et al (2009) B-cell depletion with rituximab for refractory head and neck Wegener's granulomatosis: a cohort study. Clin Otolaryngol 34:328–335

  14. Vananuvat P, Suwannalai P, Sungkanuparph S et al (2011) Primary prophylaxis for Pneumocystis jirovecii pneumonia in patients with connective tissue diseases. Semin Arthritis Rheum 41:497–502

  15. Mukhtyar C, Guillevin L, Cid MC et al (2009) EULAR recommendations for the management of primary small and medium vessel vasculitis. Ann Rheum Dis 68:310–317

  16. Birmingham-Vaskulitis-Aktivitäts-Score. dgrh.de/rheumadok.htmlvasculitis.org/images/documents/bvas_v3.0.pdf. Zugegriffen: 15.01.2014