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Januskinase-Inhibitoren (JAKi) – wie ist mit den neuen Verordnungseinschränkungen umzugehen?

Empfehlungen der DGRh

17.03.2023 

Bisheriger Stellenwert der JAK-Inhibitoren

Seit rund sechs Jahren sind JAK-Inhibitoren (JAKi) in Deutschland zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen im Einsatz. Ihre Zulassung erfolgte für alle vier in Deutschland zur Verfügung stehenden JAKi (in der zeitlichen Reihenfolge Baricitinib, Tofacitinib, Upadacitinib, Filgotinib) zunächst zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA). Zwei der Substanzen, Tofacitinib und Upadacitinib, sind unterdessen auch bei der Arthritis psoriatica und der röntgenologischen axialen Spondyloarthritis (Spondylitis ankylosans) zugelassen, Tofacitinib seit August 2021 auch bei Subtypen der juvenilen idiopathischen Arthritis. Vor allem bei der RA haben sich die JAKi aufgrund ihrer guten Wirksamkeit in den letzten Jahren einen festen Stellenwert erworben. Nach der letzten Auswertung aus der Kerndokumentation des Deutschen Rheumaforschungszentrums (DRFZ) standen 2021 knapp 10% der RA-Patienten unter dieser Therapie, darunter rund zwei Drittel in Monotherapie (1). Zu den positiven Eigenschaften dieser Substanzgruppe zählen neben der oralen Verabreichung die gute Wirkung in Monotherapie und, aufgrund der kurzen Halbwertszeit, die gute Steuerbarkeit mit kurzer Ausschleichphase falls eine Therapiepause z.B. wegen unerwünschter Wirkungen oder geplanter operativer Eingriffe nötig ist. In einigen kontrollierten RA-Studien waren die JAKi in der Wirksamkeit Adalimumab (2,3,4) bzw. Abatacept (5) überlegen. Neben den Einsatzbereichen in der Rheumatologie sind einige JAKi zudem auch in dermatologischen Indikationen und in der Therapie der Colitis ulcerosa zugelassen.

Oral Surveillance-Studie

Bei ORAL-SURVEILLANCE (6), einer 2014 auf Anforderung der U.S. Food and Drug Administration (FDA) für den JAKi Tofacitinib initiierten Sicherheitsstudie, handelte es sich um einen randomisierten, offenen Vergleich (Ratio 1:1:1) zwischen Tofacitinib in der rheumatologischen Dosierung (2x5 mg täglich) und der doppelt so hohen Dosierung (2x10 mg) und den TNF-Inhibitoren (TNFi) Adalimumab und Etanercept. Eingeschlossen wurden Patienten mit RA ab einem Alter von 50 Jahren, die zuvor nicht ausreichend auf Methotrexat (MTX) angesprochen hatten und mindestens einen kardiovaskulären Risikofaktor aufwiesen. Adalimumab in üblicher Dosierung wurde in USA, Puerto Rico und Kanada, Etanercept im Rest der Welt verwendet. Alle Substanzen wurden auch in Kombination mit MTX gegeben. Beteiligt waren 323 Zentren in 30 Ländern. Insgesamt wurden 4.362 Patientinnen und Patienten randomisiert, von denen 31 % mehr als 65 Jahre alt waren.

Es handelte sich um eine Endpunkt-Studie. Bei der Studienkalkulation wurde von benötigten 4.000 Patient:innen (und mindestens 1.500, die die Studie vollständig absolvierten) ausgegangen, um die präspezifizierte Rate an schweren kardialen Ereignissen und Malignomen (103 bzw. 138) zu erreichen. Letztlich wurden 4.362 Patienten eingeschlossen, die Studie wurde 2020 nach Erreichen der Endpunkte abgeschlossen. Primärer Endpunkt war Nichtunterlegenheit von Tofacitinib gegenüber den TNFi in Hinblick auf schwere kardiovaskuläre Ereignisse und Malignome (mit Ausnahme von Nicht-Melanom-Hautkrebs). Dieser Endpunkt wurde verfehlt, schwere kardiale Ereignisse traten unter Tofacitinib numerisch häufiger auf (der Unterschied war allerdings nicht signifikant), ebenso bestimmte Malignome (vor allem pulmonal und Lymphome). Die Tabellen 1 und 2 zeigen die dazugehörigen Ergebnisse. Die darin enthaltenen Angaben zur "Number needed to harm" (NNH) zeigen die Seltenheit der entsprechenden Ereignisse: die NNH lag für schwere kardiale Ereignisse (major adverse cardiovascular events =MACE) für Tofacitinib in der Standarddosierung im Vergleich zu den TNFi bei 567, für 2x10 mg bei 319. In der Standarddosis legen die Daten daher ein einzelnes zusätzliches kardiovaskuläres Ereignis bei mehr als 550 mit Tofacitinib behandelten Patient:innen nahe. Bei den bösartigen Tumoren lag die NNH bei 276 für 2x5 mg und bei 275 für 2x10 mg. Post-hoc-Analysen ergaben, dass diese Unterschiede vorwiegend bestimmte Risikogruppen betrafen. Hierzu zählten vor allem aktuelle und frühere Raucher, Alter über 65 Jahre, ein erhöhtes kardiales Risiko oder ein erhöhtes Risiko für thrombembolische Ereignisse. Eine speziell für die doppelte Dosis von 2x10 mg erhöht gefundene Rate für Gesamt-Mortalität und Lungenembolien führte dazu, dass Patienten aus dieser Dosisgruppe schon während der Studie in die 2x5 mg-Dosierung wechselten.

Bei der Interpretation der Daten zu den kardialen Ereignissen ist zu berücksichtigen, dass für TNFi in verschiedenen Untersuchungen ein protektiver kardiovaskulärer Effekt nachgewiesen wurde (7). Die numerische Unterlegenheit von Tofacitinib bedeutet also nicht zwangsläufig ein erhöhtes Risiko für MACE, sondern könnte auch durch einen weniger ausgeprägten protektiven Effekt im Vergleich zu TNFi bedingt sein. Um das zu verifizieren, hätte die Studie eine nur mit MTX behandelte Kontrollgruppe enthalten müssen. Zu den anderen Limitationen der Studie zählen neben dem selektiven Einschluss von Patient:innen mit Risikofaktoren, dem Fehlen weiterer Kontrollgruppen und der ungleich verteilten Verwendung der beiden TNFi, eine sehr hohe Rate an vorzeitigen Abbrüchen sowie eine (allerdings nur gering) erhöhte Rate an aktiven Rauchern in der Tofacitinib-Gruppe.

Unterdessen sind zwei Post-hoc-Analysen aus der Studie publiziert. So konnte nachgewiesen werden, dass eine höhere Rate an MACE unter der Standarddosis Tofacitinib im Vergleich zu TNFi nur bei Patient:innen mit einer schon vorbekannten koronaren Herzerkrankung (KHK), nicht aber bei denen ohne diese Erkrankung zu finden war (8). Die NNH lag bei anamnestischer KHK bei 16, bei einer nicht vorbekannten KHK hingegen bei 869. In einer Nachanalyse der Malignom-Fälle zeigte sich hingegen, dass eine höhere Rate unter Tofacitinib im Vergleich zu TNFi erst allmählich zunehmend nach dem 18. Monat der Studie zu beobachten war, und dass das Risiko bei gleichzeitiger Anamnese einer KHK sowie bei hohem kardiovaskulärem Risikoscore höher war (9). Die Rate der Malignome war vorwiegend bei nordamerikanischen Patient:innen erhöht (9). Weitere Auswertungen sind zu erwarten, die möglicherweise noch eine bessere Analyse der Daten ermöglichen werden. So ist bisher nicht bekannt, inwieweit die Herkunft der Patienten die Ergebnisse beeinflusst hat und ob und wie konsequent die vorhandenen kardiovaskulären Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Hyperlipoproteinämie und Diabetes mellitus behandelt waren.

Evidenz aus sonstigen Studien

Nur eine weitere Studie, die bei der Bewertung des Europäischen Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) auch mit hinzugezogen wurde, hat Hinweise für ein erhöhtes Risiko unter JAKi-Therapie ergeben. In einer Kohortenstudie mit Auswertung von Patientendaten aus 14 unterschiedlichen Real-World-Quellen wurden 9.013 mit Baricitinib behandelte Patient:innen erfasst, 7.606 wurden mittels Propensity-Score gematcht und mit TNFi-behandelten Patient:innen verglichen (10). Unter Baricitinib war das Verhältnis der Inzidenzraten thrombembolischer Ereignisse mit 1.51 (CI 1.10; 2.08) signifikant höher als unter TNFi, wobei in 9 bzw. 10 Monaten 56 Fälle unter Baricitinib und 41 unter TNFi auftraten. MACE und schwere Infektionen waren numerisch, aber nicht signifikant, unter Baricitinib erhöht. Auch diese Studie hinterlässt offene Fragen. So sind die herangezogenen Datenquellen heterogen und lückenhaft. Ein Großteil der Daten entstammte zwei der 14 Quellen, dem schwedischen ARTIS- und dem französischen SNDS-Register. Bei SNDS war die Rate der MACE dreifach höher als bei ARTIS (Inzidenzrate/100 Patientenjahre 1,4 vs. 0,56), erklärbar möglicherweise durch eine überwiegende Erfassung schwerkranker Patient:innen mit fortgeschrittener Erkrankung. Die Krankheitsaktivität als wichtiger Einflussfaktor für Risiken wurde nicht erfasst.

Auswertungen aus dem RCT-Studienprogramm der vier JAKi haben - abgesehen vom Herpes zoster - generell keine Hinweise für eine Risikoerhöhung ergeben, wie sie in der ORAL SURVEILLANCE gefunden wurden. In einer Metaanalyse wurde auf der Basis von 29 ausgewerteten Studien eine Odds Ratio von 0.91 für das Risiko thrombembolischer Ereignisse unter JAKi ermittelt (11). Auswertungen aus dem gesamten Studienprogramm von Baricitinib (12), Upadacitinib (13, 14) und Filgotinib (15) ergaben ebenfalls keine Risikoerhöhungen für MACE, thrombembolische Ereignisse oder Malignome.

Auch einige weitere Auswertungen aus Real World-Datenquellen konnten die in der Studie gefundene Risikoerhöhung nicht bestätigen. Im deutschen RABBIT-Register wurden die MACE-Raten unter JAKi, TNFi und csDMARD im Zeitraum 2017 - 2021 verglichen (16). Weder in der RA-Gesamtpopulation noch in einer Subgruppe mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko war die Rate zwischen den drei Behandlungsarten unterschiedlich. Aus einer noch laufenden japanischen Post-Marketing-Surveillance-Studie wurden 24 Wochen-Daten von 4.731 RA-Patienten publiziert (17). Erhöht war erwartungsgemäß die Rate der Herpes zoster-Fälle (3,09 %), MACE traten nur in sieben Fällen (0,15 %), Malignome in 17 Fällen (0,36%) auf – beides entsprach der erwarteten Rate im RA-Krankengut. In der Register-basierten schwedischen Kohortenstudie aus dem ARTIS-Programm wurden schwere Nebenwirkungen bei mehr als 20.000 RA-Patient:innen ausgewertet (18). Auch hier fanden sich abgesehen von der höheren Rate an Herpes zoster unter JAKi (Baricitinib und Tofacitinib) keine Unterschiede im Vergleich zu biologischen DMARDs (vorwiegend Etanercept) - insbesondere auch in Bezug auf MACE. Krankenkassendaten aus der US-amerikanischen STAR-RA-Studie zeigten ein numerisch erhöhtes MACE-Risiko unter Tofactinib im Vergleich zu TNFi in einer ausgewählten (an die ORAL-Surveillance angepassten Einschlusskriterien), nicht aber in einer unselektierten „real-world“ Kohorte (19). Im Corrona-Register aus den USA waren die 5-Jahres-Inzidenzraten für MACE vergleichbar unter Therapie mit Tofacitinib und anderen biologischen DMARDs (20). Das spezielle Risiko für thrombembolische Ereignisse unter Tofacitinib im Vergleich zu TNFi wurde in einer Kohortenstudie mit Auswertung von drei versicherungsbasierten Datenbanken bei 87.653 RA-Patienten untersucht (21). Thrombembolische Ereignisse waren generell selten und zwischen Tofacitinib und den TNFi gleich verteilt.

Insgesamt lässt sich somit das Risiko für schwere Nebenwirkungen unter JAKi, insbesondere für MACE, Malignome und venöse Thrombembolien, schwer einschätzen. Die Rate an derartigen Ereignissen scheint stark vom Vorhandensein entsprechender Risikofaktoren abhängig zu sein.

Resultierende neue Einschränkungen für die Anwendung von JAK-Inhibitoren

Auf der Basis der Ergebnisse der ORAL SURVEILLANCE-Studie hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) nun aktuelle Empfehlungen zur Verordnung von JAKi formuliert, um das Risiko von schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen zu minimieren (22). Die EMA hat dabei im Analogieschluss die nur mit Tofacitinib bei RA erarbeiteten Daten auf die anderen drei JAKi sowie auf alle mit JAKi behandelten Erkrankungen übertragen, auch wenn konkrete Daten hierzu bisher nicht existieren. Diese Risiken betreffen kardiovaskuläre Erkrankungen, Thrombosen, Malignome und Infektionen. Daraufhin wurden die Fachinformationen zu den vier in der Rheumatologie eingesetzten JAKi Baricitinib, Filgotinib, Tofacitinib und Upadacitinib entsprechend aktualisiert.

Patient:innen mit spezifischen Risiken für die o.g. Nebenwirkungen sollten demnach nur dann mit JAKi behandelt werden, wenn keine geeignete Therapiealternative zur Verfügung steht. Zudem sollte bei Risikopatienten versucht werden, im Falle einer Therapie mit JAKi deren Dosis wenn möglich zu reduzieren.

Die o.g. Risiken betreffen:

  • Patient:innen ab dem 65. Lebensjahr

  • Patient:innen mit erhöhtem Risiko für schwere kardiovaskuläre Komplikationen, d.h. mit bereits durchgemachtem Herzinfarkt, ischämischem Schlaganfall oder bekannter peripherer arterieller Verschlusskrankheit sowie auch solche mit bekannter, klinisch bedeutsamer Arteriosklerose

  • Patient:innen, die rauchen oder früher längere Zeit geraucht haben, wobei weder Zeit noch Menge genauer spezifiziert werden können

  • Patient:innen mit erhöhtem Malignomrisiko auch über das Rauchen hinaus. Dies betrifft in erster Linie Patient:innen mit bekannter bzw. behandelter maligner Erkrankung sowie Patient:innen mit besonderen Risiken für eine maligne Erkrankung wie z. B. ererbte Risiken oder besondere Exposition gegenüber Kanzerogenen

Darüber hinaus wird empfohlen, JAKi mit besonderer Vorsicht einzusetzen bei Patient:innen mit erhöhtem Risiko für venöse thrombembolische Erkrankungen, die nicht zu den o.g. Risikogruppen gehören. Hierunter fallen zunächst solche Patient:innen, die bereits eine venöse Thrombose oder eine Lungenembolie erlitten haben, insbesondere wenn sie nicht mehr antikoaguliert sind. Zudem ist die Indikation zum Einsatz von JAKi bei Patient:innen mit angeborenen Thrombophilien oder in Phasen von krankheits- oder therapieassoziiertem erhöhten Thrombembolierisiko besonders streng zu stellen.

Diese aktuellen Hinweise zu besonderen möglichen Risiken einer JAKi-Therapie stellen keine Zulassungsbeschränkungen oder Kontraindikationen dar, sondern geben Empfehlungen zur Erhöhung der Therapiesicherheit von JAKi. D.h. bei jeder/m Patient:in, die/der zulassungs- und leitliniengemäß für eine Behandlung mit einem JAKi in Frage kommt, muss unter Berücksichtigung der aktuellen Empfehlungen das individuelle Nebenwirkungsrisiko evaluiert, gegen den zu erwartenden Nutzen abgewogen und schließlich mit der Patientin oder dem Patienten gemeinsam eine Therapieentscheidung getroffen werden.

Was ist vor der Neuverordnung eines JAKi zu tun?

Nach Prüfung der Indikation und Ausschluss von Kontraindikationen müssen zusätzlich folgende Risiken für schwerwiegende Nebenwirkungen erfasst werden:

  • Alter: > 65 Jahre

  • kardiovaskuläres Risiko: bekannte koronare Herzerkrankung, signifikante Arteriosklerose (z. B. periphere arterielle Verschlusskrankheit), früheres kardiovaskuläres Ereignis (z. B. Myokardinfarkt, ischämischer Schlaganfall)

  • thrombembolisches Risiko: frühere venöse Thrombose oder Lungenembolie, bekannte Thrombophilie (z.B. Prothrombin-Mutation, Faktor V-Leiden-Mutation, …), aktuelle Erkrankungen oder Medikation, die mit einem erhöhten Thromboserisiko einhergehen

  • Raucherstatus: aktiver Raucher, in den letzten Jahren längere Zeit und stärker geraucht

  • Tumorrisiko: besteht oder bestand eine maligne Erkrankung, ist ein erhöhtes Tumorrisiko bekannt (familiär, Exposition)

Sollte ein besonderes Nebenwirkungsrisiko identifiziert werden, sollte der JAKi nur verordnet werden, wenn keine geeignete, also mindestens vergleichbar wirksame und mit einem geringeren Nebenwirkungsrisiko behaftete Therapiealternative besteht. Das bedeutet ausdrücklich nicht, dass zuvor alle zur Behandlung der Erkrankung zugelassenen DMARDs eingesetzt werden müssen, sondern dass eine sorgfältige, individuelle Nutzen-/Risikoabwägung getroffen, mit den Patient:innen besprochen und dokumentiert werden muss.

Was ist bei bereits laufenden Therapie mit JAKi zu tun?

Bei Patient:innen mit gut laufender JAKi-Therapie stellt die Abwägung zwischen der möglichen Risikoerhöhung durch die JAKi und dem Risiko einer Therapieumstellung eine besondere Herausforderung dar. Auch bei diesen Patient:innen sollte eine Risikoevaluation nach o.g. Liste erfolgen. Wenn danach ein besonderes Risiko für eine schwerwiegende Nebenwirkung identifiziert wurde, sollte der Patient/ die Patientin hierüber informiert und die Fortsetzung oder Umstellung der Therapie unter erneuter Nutzen-Risikoabwägung besprochen werden.

Eine sorgfältige Dokumentation der Erfassung von Nebenwirkungsrisiken und der mit dem Patienten gemeinsam getroffenen Therapieentscheidung, z. B. anhand einer Checkliste und der DGRh-Therapieinformationsbögen, ist dringend anzuraten.

Anmerkung

Inwieweit die auf der Basis der Ergebnisse der ORAL SURVEILLANCE-Studie ermittelten Risiken tatsächlich auf die Anwendung der JAKi außerhalb dieser Studie übertragbar sind, bleibt bisher unsicher. Sicher ist hingegen anhand zahlreicher Untersuchungen, dass die unbehandelte bzw. unzureichend behandelte RA mit einem massiv erhöhten Risiko für kardiovaskuläre (23) und thrombembolische Komplikationen (24) sowie mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von Lymphomen (25) und weiteren Malignomen (26) verbunden ist. Ebenso erhöht die Behandlung mit dauerhaft höheren Dosen von Glukokortikoiden das Risiko für kardiovaskuläre und thrombembolische Komplikationen deutlich (27, 28). Bestmögliche Kontrolle der Krankheitsaktivität durch DMARDs und die Verfolgung des Therapieziels Remission unter Vermeidung alternativer Therapien mit hohen Risiken muss deshalb auch bei der Behandlung oberste Priorität haben. Vermutete, aber nicht sicher belegte Risiken sollten sicherlich nicht dazu führen, dass auf den Einsatz eines hochwirksamen Therapieprinzips, wie es die JAKi darstellen, verzichtet wird, wenn aus dem Verzicht eine schlechtere Krankheitskontrolle resultiert.

Autoren

Für die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie:

Prof. Dr. Andreas Krause, für den Vorstand der DGRh
Prof. Dr. Klaus Krüger, für die Kommission Pharmakotherapie der DGRh

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