Javascript ist deaktiviert!

Leider unterstützt ihr Browser kein JavaScript oder JavaScript ist deaktiviert. Dadurch kann es zu Fehlern in der Darstellung und der Funktionalität der Website kommen.

toggl

Therapie des Sjögren-Syndroms: Mund- und Augentrockenheit

15.07.2023

Die Therapie der Sicca-Symptomatik als Manifestation des Sjögren-Syndroms hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht wesentlich geändert. Von der EULAR eingeladene Experten haben Empfehlungen zum Einsatz der bekannten Therapien erarbeitet, in denen insbesondere der Platz der Behandlungsmöglichkeiten der Sicca-Symptomatik im therapeutischen Algorithmus festgelegt wurde [1]. Die im folgenden diskutierten Medikamente wurden aber prinzipiell bereits in den früheren Empfehlungen zur supportiven Therapie des Sjögren-Syndroms von Frau Professorin Angela Gause und der Kommission Pharmakotherapie der DGRh beschrieben [2], so dass ich in dieser Überarbeitung einige Passagen übernehmen konnte:


Grundsätzliches

Vor Beginn einer Behandlung sollte die Reduktion der Tränen- und Speichelproduktion objektiviert werden. In mehreren Studien wurde gezeigt, dass das Klagen über die Mund- und Augentrockenheit oft nicht mit den objektiven Befunden korreliert. Eine Indikation für die u.g. Behandlungen besteht nur bei objektivierter Mund- und/oder Augentrockenheit. Für die Objektivierung benutzt der Autor den Saxon- bzw. den Schirmer-Test, die EULAR-Experten empfehlen dagegen die Messung des unstimulierten Speichelflusses bzw. den „ocular staining score“ [3].

Nach Meinung des Autors (T. Witte) sollte zudem die Medikation der Patienten überprüft werden, da viele Medikamente (wie z.B. trizyklische Antidepressiva, Protonenpumpeninhibitoren, beta-Blocker) zu einer Sicca-Symptomatik führen können.

Ziel einer konsequenten Therapie des Sjögren-Syndroms ist neben der subjektiven Beschwerdelinderung des Patienten/der Patientin insbesondere die Prophylaxe von langwierigen und in der Folge kostenintensiven Komplikationen. Dabei können rezidivierende Infekte der oberen und unteren Atemwege und vermehrte Zahnkaries durch die bessere Befeuchtung der Schleimhäute vermieden werden.


Therapie der Augentrockenheit

Die Initialtherapie der trockenen Augen erfolgt mit Tränenersatzmitteln. Deren Kosten werden bei Keratokonjunktivitis sicca von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Bei den Tränenersatzmitteln werden je nach Schwere der Erkrankung niedrigvisköse Augentropfen auf Polyvinylalkohol- oder Polyvidonbasis sowie höhervisköse Zellulose-, Hyaluronsäure- und Carbomer-haltige Substanzen und Augensalben verwendet. Ab einer Tropffrequenz von 4 x tgl sind unkonservierte Substanzen notwendig (wegen der Epitheltoxizität von Konservierungsmitteln (z.B. Benzalkoniumchlorid)) [4].

Reicht die Besserung nicht aus, können temporär (über 2-4 Wochen) Glucocorticoid-haltige Augentropfen verordnet werden. Nach Empfehlung der EULAR-Experten sollte die Verordnung durch Augenärzte erfolgen.

Bei refraktärer oder schwerer Augentrockenheit können zudem Ciclosporin-haltige Augentropfen verordnet werden (nach den EULAR-Empfehlungen durch Augenärzte) [5]. In Deutschland ist das Präparat Ikervis für die Behandlung von Erwachsenen mit trockenen Augen und schwerer Keratitis zugelassen, wenn sich die Beschwerden durch den Einsatz von künstlichen Tränen nicht gebessert haben.

Im nächsten Schritt kann nach Empfehlung der EULAR-Experten die Anwendung von Augentropfen aus autologem Serum erwogen werden [6,7]. Die Evidenz für deren Nutzen ist allerdings widersprüchlich. Zudem ist deren Herstellung und Lagerung (kühl) schwierig.

Als Reservetherapien kommt als lokalmechanische Maßnahme eine Tränengangsocclusion infrage. Zudem kommen Pilocarpin und Bromhexin zum Einsatz. Für die Behandlung mit Pilocarpin ist das Präparat Salagen® auf dem deutschen Markt für die Indikation Sjögren- Syndrom zugelassen, die empfohlene Dosis liegt bei 3-4 x 5mg täglich [8,9]. Hierunter traten in Studien Besserungen der subjektiven Beschwerden durch die Augentrockenheit auf. Für die Anwendung von Bromhexin liegen lediglich ältere Studien vor, die aber Evidenzstufe B erreichen [10,11]. In einer Dosis von 3 x 16 mg zeigte sich eine signifikant verbesserte Tränensekretion. In der Praxis genügen ggf. bei einzelnen Patienten bereits 8mg 3-4 x täglich. Gute Effekte auf Mundtrockenheit, trockenen Hustenreiz und auch trockene Vaginalschleimhaut werden angegeben.
 

Therapie der Mundtrockenheit

Bei milder Xerostomie kann eine nicht-pharmakologische Stimulation der Speicheldrüsen zur Beschwerdelinderung ausreichen. Dazu zählen das Kauen von Zucker-freien Kaugummis oder Zitronendrops.

Bei nicht ausreichender Besserung kann, wie bei der Augentrockenheit beschrieben, Pilocarpin p.o. verordnet werden. In randomisierten Studien [8,9] verbesserten sich der objektive Speichelfluss und die Symptome der Mundtrockenheit, und ein vermindertes Auftreten von oraler Candidose wurde [12] nachgewiesen. Angesichts der häufigen Nebenwirkungen der Pilocarpintherapie, insbesondere starkes Schwitzen, empfehlen viele Experten ein Einschleichen der Therapie, z.B. mit 1 Tablette à 5 mg pro Tag über eine Woche, und dann wöchentlicher Steigerung bis auf maximal 4 Tabletten à 5 mg/Tag.

Wie schon bei der Therapie der Augentrockenheit beschrieben, kann basierend auf älteren Studien auch Bromhexin verordnet werden.

Bei fast nicht mehr vorhandener Speichelproduktion sollten dagegen primär Präparate mit künstlichem Speichel verordnet werden.

Viele Patientinnen und Patienten berichten von dem wohltuenden Effekt einer Mundspülung mit einem geschmacksneutralen Öl zur Nacht, die nächtliches Mundbrennen und Durstgefühl lindern könne. Dabei wird bis zu ein Esslöffel der Flüssigkeit, z.B. Sonnenblumenöl, im Mund verteilt und anschließend wieder ausgespuckt.

 

Literatur

1. Ramols-Casals M et al, EULAR recommendations for the management of Sjögren`s syndrome with topical and systemic therapies. Ann Rheum Dis 2020; 79:3-18.

2. Gause A und die Kommission Pharmakotherapie der DGRh. Empfehlungen zur supportiven Therapie des Sjögren-Syndroms. https://dgrh.de/ /Start/Publikationen/Empfehlungen/Krankheitsbezogene-Therapie/Sjögren-Syndrom.html

3. Whitcher JP et al. A simplified quantitative method for assessing keratoconjunctivitis sicca from the Sjögren`ss Syndrome International Registry. Am J. Ophthalmol 2010; 149:405-415.

4. Messmer E.M. (2005). Differenzierte Therapie der Keratokonjunktivitis sicca beim Sjögren-Syndrom. Akt. Rheumatol. 30: 59-65.

5. Sall K., Stevenson O.D., Mundorf T.K., and Reis B.L. (2000). Two multicenter, randomized studies of the efficacy and safety of cyclosporine ophthalmic emulsion in moderate to severe dry eye disease. CsA Phase 3 Study Group. Ophthalmology 107: 631-639.

6. Fox R.I., Chan R., Michelson J.B., Belmont J.B., and Michelson P.E. (1984). Beneficial effect of artificial tears made with autologous serum in patients with keratoconjunctivitis sicca. Arthritis Rheum. 27: 459-461.

7. Noble B.A., Loh R.S., MacLennan S., Pesudovs K., Reynolds A., Bridges L.R., Burr J., Stewart O., and Quereshi S. (2004). Comparison of autologous serum eye drops with conventional therapy in a randomised controlled crossover trial for ocular surface disease. Br. J. Ophthalmol. 88: 647-652.

8. Vivino F.B., Al-Hashimi I., Khan Z., LeVeque F.G., Salisbury P.L., III, Tran-Johnson T.K., Muscoplat C.C., Trivedi M., Goldlust B., and Gallagher S.C. (1999). Pilocarpine tablets for the treatment of dry mouth and dry eye symptoms in patients with Sjogren syndrome: a randomized, placebo-controlled, fixed-dose, multicenter trial. P92-01 Study Group. Arch. Intern. Med. 159: 174-181.

9. Tsifetaki N., Kitsos G., Paschides C.A., Alamanos Y., Eftaxias V., Voulgari P.V., Psilas K., and Drosos A.A. (2003). Oral pilocarpine for the treatment of ocular symptoms in patients with Sjogren's syndrome: a randomised 12 week controlled study. Ann. Rheum. Dis. 62: 1204-1207.

10. Frost-Larsen K., Isager H., and Manthorpe R. (1978). Sjorgren's syndrome treated with bromhexine: a randomised clinical study. Br. Med. J. 1: 1579-1581.

11. Manthorpe R., Frost-Larsen K., Hoj L., Isager H., and Prause J.U. (1981). Bromhexine treatment of Sjogren's syndrome: effect on lacrimal and salivary secretion, and on proteins in tear fluid and saliva. Scand. J. Rheumatol. 10: 177-180.

12. Rhodus N.L., Liljemark W., Bloomquist C., and Bereuter J. (1998). Candida albicans levels in patients with Sjogren's syndrome before and after long-term use of pilocarpine hydrochloride: a pilot study. Quintessence. Int. 29: 705-710.