Javascript ist deaktiviert!

Leider unterstützt ihr Browser kein JavaScript oder JavaScript ist deaktiviert. Dadurch kann es zu Fehlern in der Darstellung und der Funktionalität der Website kommen.

toggl

Behandlung rheumatischer Erkrankungen mit Safran

Der Safran (von arabisch/persisch ‚das Gelbe‘, „Safran“), Crocus sativus, ist eine Krokus-Art, die im Herbst violett blüht und vor allem als Gewürzpflanze genutzt wird: Aus den Narben ihrer Blüten (den „Griffeln“) wird das ebenfalls Safran genannte Gewürz gewonnen. Diese Pflanzenart ist eine triploide Mutante des auf den ägäischen Inseln beheimateten Crocus cartwrightianus. Sie ist wegen des dreifachen Chromosomensatzes unfruchtbar und kann nur vegetativ durch Knollenteilung vermehrt werden. Die Stammform Crocus cartwrightianus besitzt deutlich kürzere, aber ebenfalls aromatische Narben. Angebaut wird Safran in Afghanistan, Iran, Kaschmir, Marokko, Türkei, Südfrankreich, Griechenland, Italien, Spanien sowie in Österreich. Obwohl der Safran zu den nachwachsenden Rohstoffen gehört, ist er mit bis zu 20.000 Euro/kg ein Luxusgut, das bis zu 95 % aus dem Iran kommt. Etwa 200.000 Blüten sind für 1 kg Stempelfäden notwendig [1]. 

1. Möglicher Wirkmechanismus, wirksame Substanzen, vorhandene Präparate Anwendung des Safrans

Der Safran nimmt in der Medizin des Orients seit Jahrtausenden einen wichtigen Stellenwert ein [1]. Publizierte klinische Studien zeigten, dass Safran bei leichten bis mittelschweren Formen von Depression eine stimmungsaufhellende Wirkung hat [18]. Aufgrund der möglichen entzündungshemmenden und antioxidativen Wirkungen von Safran sind Präparate mit Safran zur Behandlung der rheumatischen Erkrankung zu diskutieren [2,17]. 

In Deutschland sind 46 Präparate mit Safran gelistet, allerdings sind die meisten davon nicht als Arzneimittel klassifiziert. Als pflanzliche rezeptfreie, apothekenpflichtige Arzneimittel (Crocus Sativus) werden nur wenige Präparate angeboten (Quelle: Gelbe Liste Pharmindex, [4]), wie z.B: 

- Safran Kapseln 60 und 120 St PZN 06055479 Diamant Natuur B.V. s.r.o. 
- Safran + Salbei Kapseln 120 und 240 St Diamant Natuur B.V. s.r.o. [5]. 

Die Fachinformation für die o.g. Präparate lautet “… registriertes homöopathisches Arzneimittel“, jedoch ohne Angabe einer therapeutischen Indikation. Quelle: Angaben der Verpackung (Stand: 09/2022) [6]. 

Chemische und pharmakologische Zusammensetzung: 

Safran enthält Carotinoide (Crocin, Crocetin ), sodass sich mit Safran gewürzte Gerichte intensiv goldgelb färben. Weiter enthält er den Bitterstoff Safranbitter, aus dem sich beim Trocknen teilweise das für das Safranaroma verantwortliche Aldehyd Safranal bildet. Weitere Aromastoffe sind unter anderem Isophorone [1]. 

Effekte in vitro und in Tiermodellen 

In einer Studie wurde die Wirkung von Crocin in vivo anhand eines Mausmodells für kollageninduzierte Arthritis (CIA) getestet. In-vivo-Ergebnisse zeigten, dass die Behandlung mit Crocin die Plasmaspiegel von TNF-α, IL-1β und IL-6 bei CIA-Mäusen signifikant senkte. Crocin blockiert offenbar die Aktivierung des NF-κB-Signals durch seine Wechselwirkung mit LPS-induzierter p-IκBα, p-IκB-Kinase IKK [8]. 

Die Auswirkungen von Einnahme von Krocina™, einem Crocin enthaltenden Naturprodukt, auf die Expression von Transkriptionsfaktoren verschiedener T-Zell-Linien wurde bei 40 Patienten mit Osteoarthrose untersucht. In der Vergleichsgruppe erhielten 40 Patienten mit Osteoarthrose ein Placebopräparat. Der signifikante Anstieg der Genexpression von GATA-3 (Transkriptionsfaktor) unter dem Verum könnte auf die positive Wirkung von Crocin für die Differenzierung von T-Zellen zu Th2-Zellen und eine entzündungshemmende Wirkung hinweisen 9. In einer weiteren kontrollierten Studie wurden die Auswirkungen von Crocin auf die Matrix-Metalloproteinasen (MMP-1-, MMP-3- und MMP-13)-Expression in Chondrozyten in einem Kaninchen-Osteoarthrose-Modell untersucht. In-vivo-Untersuchungen zeigten, dass Crocin die Knorpelregeneration verbesserte und dass die Expression der MMP-1-, -3- und -13-Gene im Knorpel durch Crocin signifikant gehemmt wurde [10]. 

2. Überblick über die wissenschaftliche Evidenz zur klinischen Wirksamkeit in der Literatur

Eine Pub-Med-Suche nach wissenschaftlichen Beiträgen zum Stichwort „Saffron (Crocus sativus)“ (Stand 06.03.2024) ergab 199 Literaturstellen, zum Stichwort „Crocin“ 86, zu „ Crocetin“ 40 und zu „Safranal“ 29 Referenzen. Die klinischen Studien betreffen überwiegend nicht-rheumatologische Indikationen wie Schlafstörungen, Depression, Diabetes, Niereninsuffizienz und arterielle Hypertonie. Es fanden sich 32 Metaanalyse zu Safran. Davon bezog sich die Mehrzahl auf die Wirksamkeit des Safrans bei Schlafstörungen und Depression [3]. 

3. Anwendung von Arzneimitteln auf der Basis von Safran für rheumatologische Indikationen

Eine Metaanalyse fasste die vorhandenen Studien zu Crocus sativus bei rheumatischen Erkrankungen zusammen (aus PubMed, CENTRAL, Clinicaltrials.gov sowie die nicht Pub-Med- gelistete und nicht englisch-sprachige Literatur bis Oktober 2021) und analysierte relevante randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) weiter. Die Prüfung von Studiendaten auf ihre Vertrauenswürdigkeit (Risiko eines „Bias“) erfolgte gemäß der Cochrane-Kriterien [19]. Von 125 Studien erfüllten nur fünf RCTs diese Kriterien [12]. Diese RCTs umfassten Patienten mit RA, OA sowie Fibromyalgie und bewerteten als Ergebnisse Schmerzen, Krankheitsaktivität, Depression, Immunantwort, Entzündung, oxidativen Stress, allgemeine Gesundheit, Müdigkeit und Funktionsfähigkeit. Die meisten Studien zeigten ein mangelhaftes Design. So hielt sich die Mehrheit der Studienautoren nicht an die in der Consolidated Standards of Reporting Trials (CONSORT)-Stellungnahme festgelegten Kriterien für RCTs [20]. Aufgrund der großen Heterogenität und des Mangels an Informationen zur Standardisierung und zum Inhalt der verwendeten Safranpräparate wurde konstatiert, dass die Evidenz weder für den Nachweis einer Wirksamkeit noch einer Unwirksamkeit ausreicht [12]. 

Aus fünf Studien, welche die Einschlusskriterien für RCT aus obengenannter Analyse erfüllten [12], wurden nur drei in PUBMED mit folgenden Ergebnissen gelistet: 

In einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten 12-wöchigen Studie erhielten 66 Frauen mit aktiver RA über 18 Jahre täglich entweder 100 mg eines Safranpräparates (n = 33) oder ein entsprechendes Placebo (n = 33). Von den Patienten wurden keine Nebenwirkungen berichtet. Eine Safranergänzung verringerte signifikant die Anzahl druckschmerzhafter (p < 0,001) und geschwollener (p < 0,001) Gelenke, die Schmerzintensität (p < 0,001) sowie den DAS28 (p < 0,001). Die Gesamtbewertung des Arztes (p = 0,002), die Blutsenkungsgeschwindigkeit und das CRP waren nach der Intervention signifikant verbessert [11]. 

Eine doppelblinde, placebokontrollierte, randomisierte klinische Studie (RCT) wurde an 55 neu diagnostizierten RA-Patienten unter Standardtherapie (mit Prednisolon, oralem Methotrexat, Folsäure, Vitamin D, Kalzium und Alendronat) mit und ohne 100-mg-Safran/Tag (reines Safranpulver in Tablettenform) durchgeführt (Studiendauer 90 Tage). Bei Patienten, die zusätzlich zur Standardtherapie reine Safrantabletten erhielten, war kein signifikanter Unterschied in der Verbesserung der Krankheitsaktivität gegenüber den Patienten unter Standardtherapie zu verzeichnen [7]. 

In einer doppelblinden klinischen Parallelgruppenstudie wurden 65 ambulante Patienten mit Fibromyalgie randomisiert und erhielten entweder 15 mg Safran oder 30 mg Duloxetin, beginnend mit 1 Kapsel pro Tag in der ersten Woche, gefolgt von 2 Kapseln pro Tag von Woche 2 bis zum Ende der Woche 8. Für keine der Skalen (Hamilton Rating Scale for Depression, Fibromyalgia Impact Questionnaire, Brief Pain Inventory) wurde ein signifikanter Unterschied der Score-Änderungen vom Ausgangswert bis zum Endpunkt zwischen den beiden Behandlungsarmen festgestellt. Safran und Duloxetin zeigten eine vergleichbare signifikante positive Wirksamkeit bei der Behandlung der Fibromyalgie [3]. Allerdings ist bei der geringen Fallzahl anzuzweifeln, ob die Studie für eine Nicht-Unterlegenheits-Analyse eine ausreichende statistische Power aufwies. 

4. Mögliche Anwendungen in der Rheumatologie inclusive zu erwartender positiver Effekte 

Die experimentellen Studien sprechen dafür, dass Crocin als ein Bestandteil des Safrans, ein potenziell wirksames Mittel bei entzündlichen Gelenkerkrankungen sein könnte [7]. 

Allerdings sind die aktuellen Daten aus klinischen Studien zu Präparaten mit Safran für eine positive Empfehlung nicht ausreichend. Zitiert seien in diesem Zusammenhang auch aktuelle Empfehlungen der Französischen Gesellschaft für Rheumatologie: „eine Nahrungsergänzung mit Safran könnte sich positiv auf die RA-Aktivität auswirken, allerdings ist die Datenlage zu begrenzt, um Präparate mit Safran in der täglichen Praxis zu empfehlen“ [14]. 

5. Mögliche Nebenwirkungen und Limitationen 

Die Gefahr von relevanten Nebenwirkungen durch orale Safranpräparate wird als gering eingeschätzt [15,18]. Bei klinischen Studien im Bereich neurologischer Erkrankungen verursachten 30 mg/Tag Safran (Anwendung über bis zu 12 Monate) keine signifikanten Nebenwirkungen im Vergleich zur Kontrolle. Berichtet werden z.B. Magen-Darm-Beschwerden, Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Mundtrockenheit etc. bei Patienten, nicht jedoch bei Gesunden [16]. Bei einer doppelblinden und placebokontrollierten Studie mit 30 gesunden Freiwilligen wurde die  Sicherheit von 200 und 400mg Safran pro Tag für eine Woche getestet. 400mg/Tag Safran verringerte den systolischen Blutdruck sowie den Hämoglobin-Wert und die Anzahl roter Blutkörperchen im Vergleich zu Placebo. Diese Änderungen blieben jedoch im Referenzbereich [21]. 

6. Abschließende Empfehlung der Kommission 

Die wissenschaftliche Evidenz reicht nicht aus, um die Verschreibung und Anwendung von Safranpräparaten für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zu empfehlen. 

 

Literatur- und Quellenverzeichnis 

1. https://en.wikipedia.org/wiki/Safran 

2. Poursamimi J, Shariati-Sarabi Z, Tavakkol-Afshari J. et al. Crocus Sativus (Saffron): An Immunoregulatory Factor in the Autoimmune and Non-autoimmune Diseases Iran J Allergy Asthma Immunol. 2020;17;19(S1):27-42. doi: 10.18502/ijaai.v19i(s1.r1).2852. 

3. Korani S, Mitra Korani M, Sathyapalan T et al. , Therapeutic effects of Crocin in autoimmune diseases: A review Biofactors. 2019;45(6):835-843. doi: 10.1002/biof.1557. 

4. www.gelbe-liste.de 

5. www.Ifap.de 

6. www.onfy.de 

7. Sahebari M, Heidari H. Nabavi S. et al. A double-blind placebo-controlled randomized trial of oral saffron in the treatment of rheumatoid arthritis Avicenna J Phytomed. 2021;11(4):332-342.doi: 10.22038/AJP.2020.17280. 

8. Longjie Li, Haiseng Zhang, Shengli Jin , Chang Liu Effects of crocin on inflammatory activities in human fibroblast-like synoviocytes and collagen-induced arthritis in mice Immunol Res. 2018;66(3):406-413.doi: 10.1007/s12026-018-8999-2. 

9. Poursamimi J, Shariati-Sarabi Z, Tavakkol-Afshari J. et al. Affiliations expand A Significant Increase in the Gene Expression of GATA-3 Following the Treatment of Osteoarthritis Patients with Crocin Iran J Allergy Asthma Immunol. 2022; 6;21(1):35-43. doi: 10.18502/ijaai. v21i1.8611. 

10. Ding Q, Zhong H, Qi Y, et al. Anti-arthritic effects of crocin in interleukin-1β-treated articular chondrocytes and cartilage in a rabbit osteoarthritic model Inflamm Res. 2013;62(1):17-25. doi: 10.1007/s00011-012-0546-3. 

11. Hamidi Z, Naheed Aryaeian N, Abolghasemi J. et al. The effect of saffron supplement on clinical outcomes and metabolic profiles in patients with active rheumatoid arthritis: A randomized, double-blind, placebo-controlled clinical trial Phytother Res. 2020;34(7):1650-1658.doi: 10.1002/ptr.6633. 

12. Tsiogkas SG , Grammatikopoulou MG, Gkiouras K. et al. Effect of Crocus sativus (Saffron) Intake on Top of Standard Treatment, on Disease Outcomes and Comorbidities in Patients with Rheumatic Diseases: Synthesis without Meta-Analysis (SWiM) and Level of Adherence to the CONSORT Statement for Randomized Controlled Trials Delivering Herbal Medicine Interventions Nutrients. 2021: 27;13(12):4274. doi: 10.3390/nu13124274. 

13. Shakiba M, Moazen-Zadeh E, Noorbala AA. et al. Saffron ( Crocus sativus) versus duloxetine for treatment of patients with fibromyalgia: A randomized double-blind clinical trial Avicenna J Phytomed. 2018(6):513-523. 

14. Daien C, Czernichow S, Letarouilly JG. et al. Dietary recommendations of the French Society for Rheumatology for patients with chronic inflammatory rheumatic diseases Joint Bone Spine. 2022;89(2):105319. doi: 10.1016/j.jbspin.2021.105319. 

15. Posadzki P, Watson LK, Ernst E. Adverse effects of herbal medicines: an overview of systematic reviews. Clin Med (Lond). 2013 Feb;13(1):7-12.doi: 10.7861/clinmedicine.13-1-7.PMID:23472485;PMCID:PMC5873713.

16. Omidkhoda SF, Hosseinzadeh H. Saffron and its active ingredients against human disorders: A literature review on existing clinical evidence. Iran J Basic Med Sci.2022 Aug; 25(8):913- 933. doi: 10.22038/IJBMS.2022.63378.13985. PMID:36159329;PMCID:PMC9464341.

17. Long Z, Xiang W, He Q, et al Efficacy and safety of dietary polyphenols in rheumatoid arthritis: A systematic review and meta-analysis of 47 randomized controlled trials Front Immunol 2023:14:1024120. 

18. Shafiee M, Arekhi S, Omranzadeh A, Sahebkar A. Saffron in the treatment of depression, anxiety and other mental disorders: Current evidence and potential mechanisms of action J Affect Disord. 2018:227:330-337. 

19. Higgins JPT, Altman DG, Gøtzsche PC. et al. Cochrane Bias Methods Group; Cochrane Statistical Methods Group The Cochrane Collaboration's tool for assessing risk of bias in randomised trials BMJ 2011:343:d5928. 

20. Eldridge SM, Chan CL, Campbell MJ, et al. PAFS consensus group. CONSORT 2010 statement: extension to randomised pilot and feasibility trials BMJ. 2016 Oct 24:355:i5239. 

21. Modaghegh MH, Shahabian M., Esmaeili HA, et al., Safety evaluation of saffron (Crocus sativus) tablets in healthy volunteers Phytomedicine. 2008;15(12):1032-7. 

 

Stand: 28. September 2024