Prof. Dr. Hanns Kaiser
(13.6.1921-9.2.2012)
Sein Name wird den Rheumatologen wohl vor allem durch den ‚Cortison-Kaiser‘, später noch gesteigert durch ‚Cortison-Papst‘, im Gedächtnis bleiben. Aber er war sehr viel mehr, als es diese Festlegung auf ein eng begrenztes Thema vermuten lassen könnte; er war auch mehr, als ein Einzelner in einer kurzen Würdigung zum Ausdruck bringen vermag. Wichtige Seiten seiner reichen Persönlichkeit sind bei früheren Anlässen schon geschildert worden. Dazu gehören neben den vielen Auflagen seines Standardwerkes „Cortisonderivate in Klinik und Praxis“ sein überragendes Talent als Redner, der seine Zuhörer – früher die Studenten, später die Teilnehmer von Fortbildungsveranstaltungen oder ein großes Laienpublikum in Radio- und Fernsehsendungen – mit didaktisch hervorragend gestalteten, lebendigen Vorträgen in Bann zog, sein Humor und seine ansteckende Fröhlichkeit, die Mittlerrolle zwischen der französischen und deutschen Rheumatologie, seine tiefe Menschlichkeit, vor allem aber die Zuwendung zu seinen Patienten, die ihm diese mit ihrer rührenden Anhänglichkeit vergalten. Offiziell wurden seine mannigfachen Verdienste im In- und Ausland mit hohen Auszeichnungen bedacht.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit war ihm die Beschäftigung mit Kunst und die Freude an der Natur ständiges Bedürfnis. Künstlerische Neigungen fanden ihre Erfüllung durch Opernbesuche, vor allem im geliebten Wien, und durch eine großartige, atemberaubende Sammlung naiver Malerei, die jeden Besucher seiner Wohnung im Gedächtnis blieb. Körperlichen Ausgleich fand er bei regelmäßigen Sommeraufenthalten, die aber oft Arbeitsaufenthalten glichen, in seinem Häuschen im Allgäu oder in den Cevennen.
„Man kehrt immer wieder zu seiner ersten Liebe zurück“ – dieses Zitat stellte Hanns Kaiser (natürlich im französischen Original) einer der 21 von ihm verfassten Biografien vorwiegend französischer Rheumatologen voran, die seit 2002 in der Rubrik „Wegbereiter der Rheumatologie“ dieser Zeitschrift erschienen. Das Zitat bezog sich auf den Lebenslauf des von ihm besonders geschätzten Jacques E. Forestier (1890-1978), es lässt sich aber auch auf den Autor selbst anwenden: Seit seinen Tagen auf dem humanistischem Gymnasium in Augsburg galt Kaisers Interesse den klassischen Sprachen und der Geschichte, seit einer frühen Hospitation des jungen Arztes an einer französischen Rheumaklinik war er von der französischen Rheumatologie, aber auch der Sprache, der Kultur und Lebensart unseres Nachbarlandes fasziniert. So konnte dem Herausgeber der genannten Rubrik nichts Besseres passieren, als dass ihm Hanns Kaiser seine Mitarbeit daran anbot. Schon viel früher hatte Kaiser es vermocht, durch sein Büchlein „Cortison. Die Geschichte eines Medikamentes“ mein spezielles Interesse an der Entwicklung unseres Fachgebietes zu wecken. Aus der Zusammenarbeit wurde im Laufe von zehn Jahren eine Freundschaft.
Danke, Hanns Kaiser!
Wolfgang Keitel, Vogelsang im März 2012