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Stellungnahme der DGRh und des VRA zum Entwurf einer Formulierungshilfe der Bundesregierung für die Fraktionen der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz

Allgemeine Stellungnahme

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und der Verband rheumatologischer Akutkliniken e.V. (VRA) begrüßen grundsätzlich gesetzgeberische Initiativen, die zu einer Zunahme der 10 Transparenz über das Leistungsgeschehen und die Qualität in der stationären Versorgung beitra-gen. Alle Maßnahmen müssen jedoch dahingehend bewertet werden, ob 

1. tatsächlich eine Transparenz hergestellt wird, 

2. die Adressaten (in diesem Fall Patientinnen und Patienten) in der Lage sind, aus den zur Verfügung gestellten Informationen die richtigen Schlüsse zu ziehen, 

3. der Aufwand für die Bereitstellung der neuen Informationen in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen steht bzw. 

4. stattdessen bereits bestehende Veröffentlichungen aufwandsarm weiterentwickelt werden können. 

Sind die geplanten Maßnahmen sinnvoll, ist zusätzlich zu prüfen, ob die gesetzlich geplante Umsetzung praktikabel ist. 

Inhalt des Gesetzentwurfes

Inhaltlicher Schwerpunkt des Gesetzentwurfes [1] ist die Veröffentlichung eines „Transparenzverzeichnisses“ durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) im Internet. In diesem Transparenzverzeichnis sollen folgende Informationen für jeden Krankenhausstandort dargestellt werden: 

- Leistungsgruppen gemäß der neuen geplanten Krankenhausreform mit Fallzahl 

- Eine Versorgungsstufe (Level) in Abhängigkeit von Art und Anzahl der Leistungsgruppen am Standort 

- Personelle Ausstattung (Pflege/ärztliches Personal) je Leistungsgruppe und im Verhältnis zum Leistungsumfang in der Leistungsgruppe 

- „Patientenrelevante Ergebnisse“ aus Qualitätssicherungsverfahren 

Die inhaltliche Definition der Leistungsgruppen und auch die Festlegung von Qualitätskriterien soll dem geplanten Gesetz zur Krankenhausreform vorbehalten bleiben. Der geplante § 307 Absatz 1 Satz 3: Anlage 2 (zu § 135d) Leistungsgruppen der Krankenhausbehandlung enthält die 60 Leistungsgruppen aus der Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen (NRW) zzgl. der 5 Leistungsgruppen aus den Eckpunkten der Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom 10.07.2023 [2], differenziert nach „internistischen“, „chirurgischen“ und „weiteren“ Leistungsgruppen. 

Alle Krankenhausstandorte sollen Versorgungstufen zugeordnet werden, wobei für die Zuordnung zu Level F- und Level 1i-Krankenhäusern noch Entscheidungen der zuständigen Landesbehörden abzuwarten sind. 

Um Behandlungsfälle (deren Abrechnungs- und Dokumentationsebene bislang das Krankenhaus ist) einzelnen Krankenhausstandorten und Leistungsgruppen zuordnen zu können, ist eine Erweiterung der Dokumentation und Berichtspflichten geplant. So soll die standort- und leistungsgruppenbezogene Differenzierung auch für die Veröffentlichung der personellen Ausstattung (in der Pflege und im ärztlichen Dienst) und für den „Leistungsumfang“ genutzt werden. Dabei soll die personelle Ausstattung für eine Leistungsgruppe am jeweiligen Krankenhausstandort, jeweils ins Verhältnis zu dem dort erbrachten Leistungsumfang bzw. zur erbrachten Fallzahl gestellt werden. Über „Perzenti-lenkurven“ soll ein Vergleich von Krankenhausstandorten ermöglicht werden. 

Bei der Überführung der „patientenrelevanten Ergebnisse“ aus Qualitätssicherungsverfahren nach § 136 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V aus den bisherigen Veröffentlichungen in das Transparenzverzeichnis ist die akutstationäre Rheumatologie nicht direkt betroffen. Der VRA ist seit vielen Jahren selbst sehr aktiv im Bereich der Qualitätsverbesserung. DGRh und der VRA verzichten daher auf eine Kommentierung der Anteile des Gesetzes, die sich auf die Bereitstellung dieser Daten und die Zuarbeit des IQTiG beziehen. 

Stellungnahme zu den Einzelaspekten des Gesetzentwurfs

Die akutstationäre Versorgung von Rheumaerkrankten findet mit sehr unterschiedlichen Schwerpunkten in sehr unterschiedlichen Versorgungsstrukturen statt. Eine Arbeitsgruppe der DGRh und des VRA haben in einer ersten Stellungnahme im April 2023 [3] und zwei Veröffentlichungen [4,5] die unterschiedlichen Fallkollektive und Behandlungsstrukturen in der akutstationären Rheumato-logie ausführlich beschrieben. Ebenso wurden Hinweise zu notwendigen Vorhaltungen gegeben. Ein vergleichsweise hoher Anteil von Rheumakranken wird durch Fachkliniken versorgt. In einer weiteren Stellungnahme von August 2023 [6] haben sich die DGRh und der VRA bereits intensiv mit dem Leistungsgruppensystem, das zu den Zwecken der Krankenhausplanung in NRW eingesetzt wird, auseinandergesetzt. 
 

Die Leistungsgruppen der NRW-Krankenhausplanung sind zu undifferenziert zur Beschreibung von Versorgungsstrukturen in der akutstationären Rheumatologie 

Die Leistungen der akutstationären Rheumatologie bei Erwachsenen werden im Leistungsgruppensystem der Krankenhausplanung in NRW überwiegend über die Leistungsgruppen „Allgemeine Innere Medizin“ und „Komplexe Rheumatologie“ abgebildet. Beide Leistungsgruppen besitzen bislang keine Falldefinition. Die quantitative Beplanung der Leistungsgruppe „Komplexe Rheumatologie“ erfolgt zusammen mit vielen anderen Spezialisierungen (u.a. sogar der Rheumaorthopädie mit einem komplett anderen Leistungsspektrum) zusammen in der Leistungsgruppe „Allgemeine Innere Medizin“. Die Leistungsgruppe „Komplexe Rheumatologie“ steht damit weder nach ihrer De-finition noch nach den geforderten Mindeststrukturkriterien in Bezug zu einer Erbringung von besonders „komplexen“ rheumatologischen Leistungen. Alle rheumatologischen Leistungen (auch die wirklich komplexen) könnten damit an allen Krankenhausstandorten erbracht werden, die den Versorgungsauftrag für die Leistungsgruppe „Allgemeine Innere Medizin“ erhalten. Die erstmalige Definition der Leistungsgruppen und deren Qualitätskriterien für das bundesweite System soll auf der Grundlage der in NRW eingeführten Leistungsgruppen erfolgen [2]. 
Damit beschreiben die beiden Leistungsgruppen „Allgemeine Innere Medizin“ und „Komplexe Rheumatologie“ keine homogenen Fallkollektive und werden sehr unterschiedlichen Versorgungsstrukturen zugewiesen werden. Wenn über die Leistungsgruppen-Zuweisung in einem bundesweiten Transparenzverzeichnis ein Überblick geschaffen werden soll, stellt sich die Frage, welchen Informationsgehalt dieser Überblick für Patientinnen und Patienten bieten soll. 

Einzig bei der über die Textbezeichnung irreführenden Leistungsgruppe „Komplexe Rheumatologie“ wird eine Mindestausstattung an fachärztlicher Qualifikation (Innere Medizin und Rheumatologie und/oder Rheumaorthopädie) abgesichert, die aber zunächst nur Eingeweihten der Krankenhausplanung in NRW bekannt sein dürfte und ohne Relation zu einer fachlichen Ausrichtung der rheumatologischen Abteilungen (z. B. rheumatologische Komplexbehandlung gegenüber Akutbehandlung von Kollagenosen und Vaskulitiden) und Fallmenge wenig aussagekräftig sein dürfte. 


Die notwendige Fall- und Standortzuordnung suggeriert eine Vergleichbarkeit, die nicht gegeben ist.

Da im Leistungsgruppensystem in NRW nur 41 der 60 Leistungsgruppen eine Falldefinition aufweisen und längst nicht alle Fälle einer Leistungsgruppe zugeordnet werden können, bedarf es für die Umsetzung des Transparenzgesetzes einer Fallzuordnung. Auch eine Standortzuordnung bei krankenhausintern verlegten Fällen ist erforderlich. Im NRW-System wurden Fälle (und damit auch ihre Leistungsgruppen) stets dem Standort der Entlassung zugeordnet, auch wenn die Leistung dort gar nicht erbracht wurde. Eine solche Zuweisungslogik ist für ein Transparenzverzeichnis offensichtlich ungeeignet. Fall- und Standortzuordnung für das Transparenzverzeichnis sollen durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) vorgenommen werden („Standortbezogener Leistungsgruppen-Grouper“). Dass ein solcher Grouper zu einer sachgerechten Standort- und Leistungsgruppenzuordnung kommen wird, ist aber eher unwahrscheinlich. Viele Abrechnungsfälle werden mehrere Leistungsgruppen und Krankenhausstandorte tangieren. Eine eindeutige Standort- und Leistungsgruppenzuordnung von Fällen kann nur über eine Hierarchisierung ermöglicht werden. Dadurch ist die Standort- und Leistungsgruppenzuordnung methodisch stark abhängig von lokalen Strukturen und Mehrfachleistungen. Wird beispielsweise während des stationären Aufenthalts eine ergänzende invasive kardiologische Diagnostik (Herzkatheteruntersuchung) durchgeführt, wandert ein Fall vermutlich in die Leistungsgruppe „Interventionelle Kardiologie“, auch wenn der Behandlungsschwerpunkt in der Rheumatologie lag. 

Die für die Leistungsgruppen „Allgemeine Innere Medizin“ und „Komplexe Rheumatologie“ auf Standortebene darstellbaren Variationen in Fallzahl, Versorgungsstufe, personeller Ausstattung (Pflege/ärztliches Personal) und Leistungsumfang werden keinen erkennbaren Bezug zu Quali-tätsunterschieden haben, sondern weit überwiegend Ausdruck unterschiedlicher fachlicher Ausrichtungen und unvermeidbarer methodischer Unzulänglichkeiten aufgrund der Leistungsgruppen- und Standortzuordnung sein. Selbst wenn eine trennscharfe Falldefinition für diese Leistungsgruppen gelänge, würden weiterhin unterschiedliche Subspezialisierungen und Strukturen der Rheumatologie (z.B. hinsichtlich vorwiegender Behandlung von Gelenk- oder immunologischen Systemerkrankungen) unter diesen Leistungsgruppen subsummiert. Unterschiede in Fallzahl, Versorgungsstufe, personeller Ausstattung und Leistungsumfang wären primär Ausdruck der unterschiedlichen fachlichen Ausrichtung und des damit einhergehenden, bereits aus rein medizinischen Gründen unterschiedlichen Personalbedarfs. Ohne Adjustierung im Hinblick auf Subspezialisierung und unterschiedliche Versorgungsstrukturen wären eine Veröffentlichung der Daten im Rahmen eines „Transparenzverzeichnisses“, das sich eine Aufklärung der Bevölkerung zum Ziel setzt, fragwürdig und Schlussfolgerungen in Bezug auf die Versorgungsqualität unwissenschaftlich. 


Die Einteilung in Versorgungsstufen (Level) hat keinen direkten Bezug zur Versorgungsqualität in der akutstationären Rheumatologie 

Ähnlich verhält es sich mit der Einteilung in die geplanten Versorgungsstufen („Level“). Für die Versorgungsqualität in der akutstationären Rheumatologie ist es in der Regel unerheblich, welcher Versorgungsstufe ein Krankenhausstandort zugeordnet wird. Ein Informationszugewinn für Rheumakranke ist damit nicht verbunden. Umgekehrt besteht aber die Gefahr, dass durch die Einteilung in Versorgungsstufen implizit bei Rheumakranken ein Qualitätsunterschied suggeriert wird, der Betroffene dazu verleiten dürfte, nur eine Versorgung in Krankenhäusern der Maximalversorgung als für sich geeignet zu erachten. So könnten Rheumakranke in nicht für sie am besten geeignete Ver-sorgungsstrukturen gelenkt werden. 

Derzeit werden vergleichsweise viele Rheumaerkrankte in Fachkliniken versorgt. Die Zuordnung von Krankenhausstandorten zu Level F („Fachkliniken“) soll in Abstimmung mit den für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden erfolgen. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass eine Zuordnung von Krankenhausstandorten zum Level F kurzfristig erfolgen wird. Wenn das Trans-parenzverzeichnis bereits zum 1. April 2024 starten soll, ist mit vielen Veröffentlichungsquartalen zu rechnen, bevor erste Krankenhausstandorte des Level F aufgenommen werden könnten. Viele der Fachkliniken würden daher für längere Zeit in die Gruppe der Level-1-Standorte aufgenommen, die damit auch keine homogene Versorgungstufe darstellen würde. Bis eine adressatengerechte und verständliche Transparenz überhaupt erstellt werden könnte, müsste die Levelzuordnung abgeschlossen sein. 

Bereits jetzt sind Auswirkungen der Krankenhausreform auf hoch qualifiziertes Personal zu beobachten. Es wäre wenig sinnvoll, wenn Personal einzig aufgrund einer unpassenden Levelzuordnung Fachkliniken verlassen würde. 

Die DGRh und der VRA lehnen für die akutstationäre Rheumatologie die simple Verknüpfung von Krankenhausgröße einerseits und Behandlungsqualität andererseits ab. Eine solche Verknüpfung – und sei sie nur implizit – lässt die Versorgungsrealität in der akutstationären Rheumatologie außer Acht und dient weder einer sinnvollen Patientensteuerung noch einer Motivationssteigerung von medizinischem Personal in hierdurch „herabgestuften“ Kliniken. 

Für eine zielgerichtete und qualitativ hochwertige akutstationäre rheumatologische Versorgung birgt die Einteilung in Versorgungsstufen damit mehr Risiken als Chancen. 

 

Die neuen Dokumentations- und Berichtspflichten erhöhen den administrativen Aufwand in Kliniken in erheblichem Maße 

Um Behandlungsfälle (deren Abrechnungs- und Dokumentationsebene bislang das Krankenhaus ist) Standorten und Leistungsgruppen zuordnen zu können, ist eine erhebliche Erweiterung der Dokumentations- und Berichtspflichten geplant. 

So sollen beispielsweise die bereits umfangreichen Berichtspflichten zum beschäftigten Pflegepersonal ergänzt werden um die beiden weiteren „Freiheitsgrade“: Standort und Leistungsgruppe. Bereits jetzt muss das vorhandene Pflegepersonal nach folgenden Kriterien auspermutiert werden: Anzahl, insgesamt/unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen, Berufsbezeichnungen, Fachabteilung, pflegesensitive Bereiche. Hinzukommen soll auch noch eine analoge Berichtspflicht für das ärztliche Personal nach folgenden Kriterien in allen Kombinationen auspermutiert: Anzahl, insgesamt/unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen, Facharztbezeichnungen nach der Muster-Weiterbildungsordnung (M-WBO)/Weiterbildungsgebiete nach M-WBO und Fachgebiet. Eine Abgrenzung der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen zu Beschäftigungsanteilen in Operationssälen, Funktionsbereichen, Konsildienst, Notaufnahme, Ambulanzen, ambulanten Operationen und zukünftig den Hybrid-DRGs wird vermutlich notwendig. Bislang erfolgte noch keine klare Definition des unbestimmten Rechtsbegriffs „in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen beschäftigtes ärztliches Personal“. Aus der Erfahrung mit der Einführung des Pflegebudgets kann geschlossen werden, dass die Operationalisierung streitbefangen werden könnte. Durch die Nutzung der M-WBO bedarf es einer Paralleldokumentation und Überleitung der lokalen Weiterbildungsordnun-gen der Landesärztekammern, historischen Weiterbildungsordnungen und der Anerkennungen ausländischer Zeugnisse auf die M-WBO. Erfahrungen aus NRW zeigen, dass dies sehr aufwendig sein kann. Ärztinnen und Ärzte in der Weiterbildung müssen sich nicht initial festlegen, welche Weiterbildung sie abschließen. Weiterbildungszeiten in einer rheumatologischen Fachabteilung können durchaus auch für die Erlangung fremder Facharztbezeichnungen insbesondere aus dem Gebiet der Inneren Medizin anerkannt werden. Eine genaue Zuordnung des ärztlichen Personals in Weiterbildung nach den Weiterbildungsgebieten der M-WBO ist damit methodisch gar nicht möglich. Nicht wenige Fachärztinnen und Fachärzte besitzen bereits Mehrfachqualifikationen oder wollen diese erlangen. Wenn beispielsweise ein Facharzt für „Innere Medizin und Nephrologie“ auch noch die Facharztbezeichnung „Innere Medizin und Rheumatologie“ erwerben will und in diesem Sinne trotz Facharztstatus als Weiterbildungsassistent in der Rheumatologie tätig ist, bleibt noch unklar, wie die Zuordnung des Vollzeitäquivalents erfolgen soll, damit eine bestmögliche Transparenz im Hinblick auf die Versorgungsqualität geschaffen werden kann. 

Als weitere neue Dokumentations- und Berichtspflicht ist eine Aufteilung der Abrechnungsdaten nach § 21 Abs 2 Nr. 2 f KHEntgG nach den unterschiedlichen Krankenhausstandorten, geplant. Dies betrifft u.a. Haupt- und Nebendiagnosen, OPS und Beatmungszeiten in Stunden „entsprechend der Kodierregeln“. Diese Informationen sollen für eine standortbezogene Veröffentlichung der Leistungsdaten im Transparenzverzeichnis genutzt werden. Kodierregeln für eine standortbezogene Vergabe von Haupt- und Nebendiagnosen oder die Aufteilung von Beatmungszeiten existieren bislang allerdings nicht und würden zu einer erheblichen Erhöhung der Komplexität der Regelwerke beitragen. Auch für OPS, die bislang nur einmal während des stationären Aufenthaltes kodiert werden konnten, insbesondere mengenabhängige Summenkodes (Medikamente, Blutprodukte, intensivmedizinische Aufwandspunkte, standortübergreifende Komplexbehandlungen, etc.) bedürfte es klarer Regelungen. Von einem deutlichen Mehraufwand ist auszugehen. Sofern die neuen Kodierregeln wie die bisherigen auf klinische Informationen referenzieren, muss von einer Einbindung des medizinischen Personals in die Standortzuordnung ausgegangen werden. Vor einer unkritischen Ableitung der nicht über Kodierrichtlinien geregelten und ungeprüften Daten aus der Entlassungsanzeige nach § 301 SGB V (Segmentgruppe SG1 mit den nicht standort- sondern fachabteilungsbezogen Segmenten ETL und NDG) kann nur gewarnt werden, wenn als Ziel eine standortbezogenen Leistungs- und Qualitätstransparenz angestrebt wird. 

Die DGRh und der VRA stellen im Hinblick auf die allenfalls äußerst begrenzte Aussagefähigkeit, wenn nicht sogar schädlichen Effekte des Transparenzverzeichnisses in Frage, ob eine weitere Bürokratisierung unter Einbeziehung von klinischem Personal gerechtfertigt ist. Ein Patientennutzen ist nicht ersichtlich. 


Die vorgesehenen Fristen und Sanktionen sind unangemessen 

Der Gesetzgeber plant die Erstveröffentlichung zum 1. April 2024. Leistungsgruppen, Fallzahl, Versorgungsstufen (zumindest Level I-III) und die Daten der Qualitätssicherung sollen standortbezogen durch das InEK und IQTiG bereits für das Jahr 2022 bereitgestellt werden. Voraussetzung dürfte sein, dass die Leistungsgruppen in Anlage 2 zu § 135d SGB V (§ 307 Abs. 1 S. 3 SGB V) auch in dieser Form im geplanten Gesetz zur Krankenhausreform bzw. in einer nachfolgenden Rechtsverordnung des BMG mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen werden. 

Für die Berichtspflichten der Krankenhäuser sind hingegen vorab noch vielfache Festlegungen notwendig, die rückwirkend anzuwenden wären, wenn auf eine erste Datenlieferung zum 15. Januar für Vorjahresdaten bestanden würde. Hierzu gehören beispielsweise: 

  • Definition des ärztlichen Personals in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen 
  • Überleitungen der regionalen und historischen Weiterbildungsordnungen auf die aktuelle M-WBO 
  • Regeln zur Verteilung von Vollzeitäquivalenten, z.B. in Weiterbildung, bei Mehrfachqualifikationen oder Tätigkeitsanteilen außerhalb der vollstationären Versorgung 
  • Neue Kodierrichtlinien für eine standortbezogene Diagnose- und Prozedurenkodierung und deren rückwirkende Anwendung auf Behandlungsfälle mit krankenhausinternen Verlegungen zwischen unterschiedlichen Standorten aus dem gesamten Vorjahr 
  • Anpassung der Datensatzbeschreibung für die Daten nach § 21 Abs. 4 KHEntgG 

Die mit hohen Sanktionen und einer persönlichen Haftung der Krankenhausleitungen versehene Frist zum 15. Januar 2024 ist in diesem Kontext unangemessen. Grundsätzlich sind Fristen von 15 Tagen nach Monatsende, in denen selbst kaum alle Fälle bereits abgerechnet sein dürften, realitätsfern. 

Die unter 4. „Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft“ angegeben „ca. 1,16 Stunden (39,32 Euro) pro Datenübermittlung (einmal im Quartal)“ und „einmaligen Aufwand zur Anpassung der internen Prozesse von 5 Stunden (169,50 Euro)“ erscheinen angesichts des dargestellten Aufwands und der Komplexität der eingeforderten Angaben vollkommen realitätsfern. Es ist – insbesondere in Krankenhäusern mit mehreren Standorten – mit erheblich (!) höherem Aufwand zu rechnen! 

Im Hinblick auf den entstehenden administrativen Aufwand sollte darüber nachgedacht werden, die Fristen für die Übermittlung der personellen Ausstattung (geplant quartalsweise mit Fristen zum 15. Januar, 15. April, 15. Juli und 15. Oktober) mit den unterjährigen Übermittlungen der Leistungsdaten (derzeit 15. Januar, 31. März, 15. Juni und 15. Oktober) zu koordinieren. 

Fazit

Das Transparenzverzeichnis soll gemäß der angegebenen Begründung dazu dienen, folgende Ziele zu erreichen: 

  1. Sicherung der stationären Versorgung in Deutschland auf einem hohen Qualitätsniveau 
  2. Veröffentlichung von fachlich unabhängigen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Qualitätsanforderungen in übersichtlicher Form und allgemeinverständlicher Sprache, damit Patientinnen und Patienten in die Lage versetzt werden, eine selbstbestimmte und qualitätsorientierte Auswahlentscheidung für die jeweilige Behandlung treffen zu können. 
  3. Stärkung der intrinsischen Motivation der Mitarbeitenden der Krankenhäuser, stetig Verbesserungspotentiale zu heben und Prozesse im Versorgungsgeschehen zu optimieren 

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und der Verband rheumatologischer Akutkliniken e.V. (VRA) sehen nicht, wie durch das Gesetz die in der Begründung angegebenen Ziele erreicht werden sollen. Durch die entstehende „Pseudotransparenz“ und Suggestion von Qualitätsunterschieden könnten Patientinnen und Patienten bei der Auswahl von Krankenhäusern beeinflusst werden und so für sie ungeeignete oder nicht optimale Versorgungsstrukturen auswählen. 

Durch die erhebliche Zunahme an administrativen Aufgaben, die vermutlich teilweise auch durch 250 medizinisches Personal zu leisten sind, werden weitere Ressourcen aus der Behandlung von Patientinnen und Patienten in eine – in diesem Fall nutzlose – Bürokratie verlagert. Über welchen Mechanismus das geplante neue Transparenzverzeichnis „die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden der Krankenhäuser, stetig Verbesserungspotentiale zu heben und Prozesse im Versorgungsgeschehen zu optimieren“, stärken soll, bleibt gänzlich unklar und wird durch die Gesetzesbegründung auch nicht weiter dargelegt. Die Einteilung nach Leistungsgruppen und Versorgungsstufen sind durch Mitarbeitende der Krankenhäuser kaum zu beeinflussen. Die Ausweisung eines Mangels an Personal in der Pflege und im ärztlichen Bereich dürfte auch wenig positiven Einfluss auf die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden haben. Da es sich zumindest in der akutstationären Rheumatologie überwiegend um methodisch bedingte Variationen ohne Bezug zu einem realen Personalbedarf handeln dürfte, wird der Vorbehalt in gesetzgeberische Aktivitäten zur Qualitätsverbesserung nur weiter verstärkt. Damit sind das Transparenzverzeichnis und seine Art der Einführung eher geeignet, Mitarbeitende der Krankenhäuser zu demotivieren. 

DGRh und der VRA mahnen eine Reduktion der Bürokratie an. Durch die geplante Einführung des Transparenzverzeichnisses zeichnet sich aber ein deutlicher bürokratischer Mehraufwand ab, mit unseres Erachtens höchst zweifelhaftem Nutzen. 

Aus Sicht der DGRh und des VRA ist das Gesetzesvorhaben fragwürdig, da mit dem Transsparenzverzeichnis keines der erwünschten Ziele erreicht werden kann und sogar gegenteilige Effekte durch eine Pseudotransparenz entstehen können. Der mit dem Aufbau des Transsparenzverzeichnisses verbundene erhebliche bürokratische Aufwand läuft einem dringend notwendigen Bürokratieabbau im Gesundheitswesen zuwider. 

Literatur

1 Gesetz zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz. Formulierungshilfe der Bundesregierung, Bearbeitungsstand: 11.08.2023 15:25 Uhr, Download: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/K/Krankenhaustransparenzgesetz_Formulierungshilfe_BReg.pdf

2 Eckpunktepapier - Krankenhausreform - vom 10.07.2023, Download: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Krankenhausreform/Eckpunktepapier_Krankenhausreform.pdf

3 https://dgrh.de/Start/Publikationen/Positionen/1.-Stellungnahme-der-Deutschen-Gesellschaft-f%C3%BCr-Rheumatologie-(DGRh)-und-des-Verbandes-Rheumatologischer-Akutkliniken-(VRA)-zur-Reform-der-Krankenhausverg%C3%BCtung-.html

4 Fiori W, Lakomek HJ, Specker C, Bessler F, Held J, Klemann A, Kötter I, Krause A, Noack R, Strunk J, Roeder N. Die akutstationäre Rheumatologie im Kontext der grundlegenden Reform der Krankenhausvergütung. Das Krankenhaus 07/2023:602-615 

5 Fiori W, Lakomek HJ, Specker C, Kötter I, Krause A, Bessler F, Held J, Klemann A, Noack R, Strunk J, Roeder N. Akut-stationäre rheumatologische Versorgung im Kontext der geplanten Krankenhausreform. Z Rheumatol 2023 [in press] 

6 https://dgrh.de/Start/Publikationen/Positionen/2.-Stellungnahme-Krankenhausreform.html

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